Online-Diskussion Hafke: Bei Inklusion gibt es viel Nachholbedarf

Wuppertal · Im Sozialen Netzwerk Instagram diskutierte der FDP-Landtagsabgeordnete mit der Wuppertaler Gründerin und Beraterin Amrei Feuerstack über Vorurteile und Hürden für Menschen mit Behinderung im Arbeitsleben.

 Marcel Hafke nimmt die Politik in die Pflicht.

Marcel Hafke nimmt die Politik in die Pflicht.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Via Instagram diskutierte der Wuppertaler Landtagsabgeordnete Marcel Hafke am Donnerstagabend mit der Unternehmerin Amrei Feuerstack, Gründerin der Wuppertaler Unternehmensberatung „found it=“ für Menschen mit Behinderung. Eine Stunde lang argumentierten sie in einem Live-Chat des Sozialen Netzwerks über Inklusion in der Arbeitswelt. Der Fokus des Gesprächs lag auf der Notwendigkeit, Menschen trotz und vor allem wegen ihres Handicaps in der Arbeitswelt zu fördern. Die Einbeziehung der Zuschauer durch die Instagram-Kommentarfunktion entfachte eine lebhafte Diskussion.

Amrei Feuerstack, von Beruf Eventmanagerin, lebt selbst mit einer Behinderung. Vor einem Jahr hat sie die inklusive Gründungsberatung „found it=“ ins Leben gerufen. Mit ihrem Sozialunternehmen hilft Feuerstack gehandicapten Menschen, ihre innovativen Ideen umzusetzen, indem sie ihnen während des Gründungsprozesses die notwendige Unterstützung zur Verfügung stellt und sie mit ziel- und akteursgerichteten Workshopangeboten vernetzt.

Marcel Hafke beschäftigt sich im Landtag mit Start-ups und Gründungspolitik. Das Instagram-Gespräch nutzte er, um zu verdeutlichen, dass es in der Politik noch viel Nachholbedarf in der Inklusion von Menschen mit Behinderung in das gesellschaftliche Leben und in die Arbeitswelt gibt. Arbeit mit Behinderung sei in der Landes- und Bundespolitik eher ein Randthema. In der Kommunalpolitik sähe es um diesen Bereich sogar noch schwieriger aus, legt Hafke offen. Er appelliert: „Ich bin überzeugt, dass es am meisten hilft, Raum und Rahmen zur Selbsthilfe zu schaffen. Arbeit und Anstellung sind nicht nur mit finanzieller Sicherheit verbunden, sondern auch mit Anerkennung sowie sozialer Teilhabe.“

 Amrei Feuerstack sieht noch viele Vorurteile.

Amrei Feuerstack sieht noch viele Vorurteile.

Foto: Fries, Stefan (fri)/Fries, Stefan (fr)

Wie schwerwiegend die tatsächliche Situation von gehandicapten Menschen auf dem Arbeitsmarkt ist, sei auch in Wuppertal zu beobachten: „Von den sechs Prozent der Menschen mit Schwerbehinderung in Wuppertal, sind zwölf Prozent arbeitslos“, so Hafke. In ganz Deutschland sei die Arbeitslosenquote sogar doppelt so hoch wie bei Menschen ohne Behinderung, ergänzt Feuerstack. Die Gründe dafür seien vielfältig: Menschen mit Behinderung werden oft gesellschaftlichen Stigmatisierungen ausgesetzt, worunter ihr Selbstbewusstsein stark leide. Auf dem Arbeitsmarkt hindere es sie oft daran, sich auf ausgeschriebene Stellen zu bewerben, geschweige denn ein eigenes Unternehmen zu gründen, so Feuerstack. Auch die Arbeitgeber seien oft nicht hinreichend über die Kündbarkeit von Menschen mit Behinderung aufgeklärt, führt sie fort. An dieser Stelle übernehme häufig das Vorurteil, dass sie unkündbar seien. Hierbei handele es sich um einen Irrtum. Zudem sind Arbeitgeber verpflichtet, ab einer Mitarbeiterzahl von 20 Personen einen Menschen mit Behinderung einzustellen. Viele wüssten nicht, dass es dafür sogar finanzielle Prämien gibt, so die Unternehmensgründerin. 

Um langfristige Veränderungen erzielen zu können, muss „das Thema in die Mitte der Gesellschaft geholt werden,“ so Hafke. Neben einer stärkeren Thematisierung müsse die Politik mehr in die Barrierefreiheit investieren. Plattformen für innovativen Projekte und soziale Gründungen von Menschen mit Behinderung wie „found it=“, seien ohnehin ausbaubedürftig.

An dieser Stelle könne man sich an Großbetrieben wie Apple ein Beispiel nehmen. Das Technologieunternehmen profitiere seit langem von den Ideen und Fähigkeiten von Menschen mit Behinderung, indem es etwa gemeinsame Arbeitsgruppen fördert, so Hafke, der selbst Unternehmer ist. Er schließt ab: „Dieses Megapotenzial ist in Deutschland noch nicht angekommen.“

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