Serie 90 Jahre in Wuppertal Als die WZ-Leser den Stadtlöwen retteten

Wuppertal · Löwen-Skulptur auf dem Willy-Brandt-Platz ist 186 Jahre alt und hat bewegte Zeiten hinter sich.

 Der Bergische Löwe auf dem Willy-Brandt-Platz.

Der Bergische Löwe auf dem Willy-Brandt-Platz.

Foto: ja/Keil, Kurt

Auf dem Willy-Brandt-Platz vor der Rathaus-Galerie thront ein mächtiger gusseiserner Löwe, der mittlerweile 186 Jahre auf dem Buckel hat. Der Stadtlöwe wäre längst auf dem Schrottplatz gelandet, wenn die Westdeutsche Zeitung nicht am 13. November 1993 ihre Leser zu einer großen Rettungsaktion aufgerufen hätte.

„Der Bergische Löwe, einst Symbol der Wachsamkeit und Stärke vor dem Elberfelder Rathaus, rostet“, schrieb die langjährige WZ-Lokalchefin Ulla Dahmen damals und bot den Lesern „Löwenanteile“ im Wert von 20 und 50 Mark an, mit deren Kauf sich die Wuppertaler an der Reparatur des Wahrzeichens beteiligen konnten. Die Aktion von WZ, Stadtsparkasse und Kulturamt wurde innerhalb weniger Tage ein Riesenerfolg. Die Idee für die Löwenanteile hatte Prof. Johannes Köbberling.

Bereits Anfang Dezember 1993 kamen die Reparaturkosten in fünfstelliger Höhe durch den Verkauf von Löwenanteilen und durch Einzelspenden zusammen. Ein knappes Jahr später, am 22. Oktober 1994, wurde der restaurierte Löwe vor der Rathaus-Galerie an seinem heutigen Standort auf einen Sockel gestellt. Und seitdem können die Kinder wie schon vor mehr als 100 Jahren auf seinem Rücken reiten.

Mit dem Happy-End vor der Rathaus-Galerie ist die Geschichte der Wuppertaler Löwen allerdings nicht einmal zur Hälfte erzählt, denn tatsächlich gab es diesen einen Löwen niemals alleine. 1833 wurden zwei Exemplare des Bildhauers Christian Daniel Rauch links und rechts der Freitreppe des früheren Elberfelder Rathaus, dem heutigen Von der Heydt-Museum, aufgestellt. Doch da sie im Laufe der Jahre dem zunehmenden Durchgangsverkehr im Weg standen, verbannten sie die Stadtverordneten 1877 in ein Lagerhaus am Neuenteich.

Ab 1887 bewachten die Löwen dann den Eingang des früheren Stadtbades am Brausenwerth, das beim Bombenangriff auf Elberfeld zerstört wurde. 1948 sollte die Löwen am Wuppertaler Zoo eine neue Heimat finden, aber eines der Tiere zerbrach wohl beim Abbau. Der zweite Löwe und Reste des ramponierten landeten nicht im Zoo, sondern bei einem Schrotthändler, wo sie von dem Vohwinkeler Unternehmer Günther Muthmann, Chef der Fahrzeugfirma Blumhardt, entdeckt wurden.

Muthmann gewährte dem Löwen auf seinem Firmengelände 45 Jahre lang Zuflucht, bis der Rost aus einer Pranke rieselte und eine Restaurierung dringend erforderlich wurde. Die WZ-Rettungsaktion kam noch rechtzeitig, und der Löwe kehrte an einen zentralen Stadtplatz zurück, obwohl ihn die langjährigen Mitarbeiter von Blumhardt nur ungern ziehen ließen. „Der Löwe auf dem Firmengelände empfing mich, als ich aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrte“, erinnerte sich einst Wilhelm Muthmann, Bruder des Löwenretters.

Zwei weitere Löwen stiftete die Stadt für den Döppersberg

An einer anderen Stelle waren inzwischen weitere Wappentiere aufgestellt worden. Der Stadtrat gab 1966 – offensichtlich nagte das schlechte Gewissen – zwei Löwen in Auftrag, deren Revier der Döppersberg war. Dort standen sie bis zur Schließung der Bahndirektion auf der Eingangstreppe und werden seit dem Döppersberg-Umbau im Innenhof gelagert. Während einer Besichtigung der Bahndirektion durch die CDU-Fraktion versprach Besitzer Alexander Clees im Juli 2015, dass die Löwen „gut aufgehoben“ sind. Da die Pläne für ein Factory Outlet Center auf Eis liegen, ist ungewiss, wann die beiden Löwen wieder ausgestellt werden. Das Baustellen-Team wollte solange nicht warten und hat zur Eröffnung des oberen Platzes am Döppersberg dort zwei versilberte Ersatzlöwen aus Kunststoff platziert. Das Original hat alle Wirren der Zeit überdauert und ist auf dem Willy-Brandt-Platz zu bewundern. Und wie früher weist er Spuren vieler Kinder auf, die seinen Rücken erklommen haben.

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