Landgericht: Mehr Verfahren und neue Stellen

Wuppertal. Über mangelndes Interesse konnte sich das Landgericht Wuppertal im vergangenen Jahr nicht beklagen. Große Strafverfahren, wie die Entführung und Vergewaltigung einer Solinger Schülerin, der umtriebige Frauenheld "Macho Manne" oder der aktuelle Prozess um Deutschlands vermutlich älteste Drogendealerin sorgten für Schlagzeilen im In- und Ausland.

Beim Jahrespressegespräch wurden gestern am Eiland jedoch die Zahlen hinter diesen medienwirksamen Verfahren vorgestellt.

Dabei wurde deutlich: Die Mühlen der Justiz mahlen im Landgerichtsbezirk Wuppertal alles andere als langsam. 74,6 Prozent der erstinstanzlichen Strafverfahren werden am Landgericht Wuppertal innerhalb von einem halben Jahr erledigt. Damit konnte man im Vergleich zu den Vorjahren ein Plus von neun Prozent verzeichnen. Bei Zivilsachen in erster Instanz lag die Quote 2009 sogar bei 83,4 Prozent. Auch, wenn es bei den amtsgerichtlichen Zivilverfahren 2009 einen leichten Rückgang von 1,4 Prozent gab, wurde mit insgesamt 16336 Zivilverfahren im Landgerichtsbezirk eine "sehr, sehr hohe Zahl" verbucht, wie Landgerichtspräsident Josef Schulte bemerkte. "Rund drei Viertel dieser Fälle wurden in weniger als einem halben Jahr erledigt."

Mit einem Zuwachs von 35 Prozent bei erstinstanzlichen Verfahren stünden viele Strafkammern des Landgerichts vor einer großen Herausforderung, sagte Schulte. Vor allem bei Haftsachen, die bevorzugt verhandelt werden müssen, habe man die Zuständigkeit der Kammern aufgrund der Überlastung ein paar Mal verschieben müssen. Innerhalb eines halben Jahres, so die Vorschrift, müssen Fälle von Angeklagten, die in U-Haft sitzen, zur Verhandlung kommen. Sonst hebt das Oberlandesgericht die Haftbefehle auf. Dies sei am Landgericht Wuppertal 2009 aber nur zweimal der Fall gewesen, so Josef Schulte.

Obwohl 2009 die Zeit des Personalabbaus in der Verwaltung der Gerichte beendet war, habe man noch immer mit einer hohen Belastung der Mitarbeiter zu kämpfen. Diese arbeiten nach Auskunft Schultes mit einer Belastung von 130 Prozent. Erstmals nach elf Jahren sei man aber nun wieder in der Lage Stellen zu besetzen.

Mit dem neuen Projekt "Kurs" (Konzeption zum Umgang mit rückfallgefährdeten Sexualstraftätern) ist in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Februar dieses Jahres eine neue Zentralstelle eingerichtet worden, die die Daten mehrerer Behörden bündeln soll, berichtete der Vizepräsident des Landgerichts, Siegfried Mielke. Um das Risiko solcher Rückfälle zu minimieren, sollen Sexualstraftäter auch nach ihrer Entlassung stärker überwacht werden.

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