Die Stadt muss sich dem Protest stellen

Wer regelmäßig ins Theater geht, weiß: Man soll eine Produktion nicht schon nach dem ersten Teil loben. Was nach der Pause kommt, kann den ersten Eindruck im Einzelfall ganz schnell ins Gegenteil verkehren.

Übertragen auf das vergangene Wochenende heißt das: Der Welttheatertag war ein voller Erfolg - zunächst einmal. Ob er allerdings auch langfristig das erreichen kann, was sich die Veranstalter auf die wehenden Fahnen geschrieben haben, ist (noch) nicht abzusehen.

Die Reaktion der Stadtspitze spricht dagegen: Wer bei der Annahme von immerhin 36000 Unterschriften sagt, dass die Welt nicht untergehe, wenn es in Wuppertal nur noch ein Theater gäbe, zeigt, wie ernst er all jene nimmt, die mit vereinten Kräften in einem Boot rudern, um sich gegen die Sparpläne und die dunklen Wolken zu stemmen, die sie von oben bedrohlich nass machen. Dass die Ruderer nicht längst niedergeschlagen die Köpfe hängen lassen, sondern die Stimme erheben, verdient Respekt und Applaus. Denn auch wenn Wuppertal in jüngster Zeit vor allem als Negativ-Beispiel bundesweit Schlagzeilen gemacht hat, ist eines positiv zu sehen: Wuppertals Kulturszene hat gezeigt, dass sie kämpfen kann - nicht zum ersten Mal.

Schon die erste Protestaktion, der 24-Stunden-Marathon Ende Januar, war eine beeindruckende Vorstellung. Der zweite Akt hatte noch mehr Symbolkraft: So groß war die Solidarität unter Theatern in Deutschland noch nie. Ob der Schulterschluss das Schauspielhaus retten kann, ist trotzdem fraglich - auch wenn Holk Freytag Optimismus demonstriert. Der Intendanten-Sprecher verweist auf die Carnegie Hall, die einst abgerissen werden sollte, bis Stargeiger Isaac Stern eine erfolgreiche Solidaritäts-Aktion gestartet hat. New Yorker Verhältnisse sind allerdings nur schwer auf Wuppertal zu übertragen. Dort liegt es nun an der Stadtspitze: Sie muss sich dem Protest stellen und kann 36000 Unterschriften nicht einfach ignorieren.

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