60 Retter für die Kröten

Freiwillige helfen Frosch und Co. auf dem Weg zum Laich-Teich in der Lüntenbeck über die Straße.

Wuppertal. Freitag, 20 Uhr, in der Lüntenbeck: Winzig klein, kaum käfergroß, hastet der Kröten-Mann durchs Gras am Straßenrand. Er atmet tief, mit heftig bewegten Flanken. Der glibbrig-kalte Körper schimmert im schwachen Schein der Taschenlampe. Schaut man ihn an, wie er so auf der Handfläche sitzt, fallen die glasigen Äuglein auf. Unschuldig.

Ohne Zweifel: Ihn muss man schützen vor den Menschenfüßen, vor den gierigen Vögeln, vor dem Gummi der Autoreifen. Allerdings hat er es faustdick hinter den Ohren. Er ist ein Macho. Das ist wohl auch der Grund, warum Sarah-Lisa (14) ihm nicht bedingungslos traut. Den Frosch küssen, so dass er sich in einen Prinzen verwandelt? Nein. Da hört für die 14-Jährige die Tierliebe auf. Stattdessen setzt sie ihn behutsam in einem Eimer ab und trägt ihn zum Ufer des Teiches in der Lüntenbeck.

Dorthin, wo die Kröte einst schlüpfte, kehrt sie zurück, um sich fortzupflanzen, zu laichen. In Sarah-Lisas Familie gibt es noch mehr "Kröten-Retter": Vater Klaus Böhm und die Brüder Luis (9) und John-Per (3). "Ich sehe auf der Straße oft platt gefahrene Kröten", sagt Sarah-Lisa. Dagegen will sie etwas tun.

Es ist im Frühjahr, wenn Frosch und Co. auf Wanderschaft gehen. Dafür muss es wärmer als zehn Grad Celsius sein, erklärt Dr. Anja Hombrecher, Leiterin der Station Natur und Umwelt. Die Dämmerung lockt die Amphibien unter dem Laub und Baumstümpfen im Wald hervor. Die rund 60 Freiwilligen haben viel zu tun: Hunderte von Kröten lesen sie aus Gräben, Dickicht und Zäunen auf.

Entlang der Straße in der Lüntenbeck hat Hendrik Gesell, Zivildienstleistender der Station Natur und Umwelt, aus grünen Plastiknetzen einen zwanzig Zentimeter hohen "Krötenzaun" aufgebaut. Als er an diesem Abend in Warnweste und Taschenlampe in der Hand am Teichufer steht, ist er aber für die Statistik verantwortlich. An seiner Seite Freundin Mona Knauf. Es gebe mehr Erdkröten als Frösche; und auch Weibchen sind deutlich in der Unterzahl.

Wieder zieht Mona vier Striche auf der Liste. Jorrit, Frederik, Emma (alle 8 Jahre alt) und Glen (6) haben wieder Erdkröten im Gebüsch gefunden - das Quartett hüpft auf dem Boden des Eimers umher. Aus dem Zooviertel sind die Kinder in die Lüntenbeck gekommen, um, wie sie sagen, "Tiere zu retten". Schließlich gehören die Amphibien zu bedrohten Tierarten auf der roten Liste.

Ist das nicht ekelig, die glitschigen Kröten anzufassen? "Nein", sagt Emma, "die fühlen sich an wie Wackelpudding." Ein paar Schritte mit Gummistiefeln entfernt, setzen Sigrid Messarius, ihre Bekannte Dorothea Baglio mit Sohn Ruben (14) junge Erdkröten im Teich aus. Nervös quaken die Tiere, was eher ein schwaches Fiepen klingt. "Das Männchen will das Weibchen mit dem Ruf verführen", sagt Messarius.

Übrigens: Die Taktik geht auf. Frau Kröte trägt Mann Kröte auf dem Rücken umher. Die lässt er wohl so schnell nicht mehr los. Was für Machos - diese Kröten-Männer.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort