Debatte in Neuss Straßengebühr: Gesetz geht Stadt nicht weit genug

Neuss · Der Landtag hat die Straßenbaubeiträge neu geregelt. Der Aufwand frisst die Einnahmen fast auf.

 ARCHIV - 23.11.2011, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Bauarbeiter reparieren in der Landeshauptstadt eine Straßendecke.   (zu dpa/lnw "SPD: Schon über 50 kommunale Resolutionen gegen Straßenbaubeiträge") Foto: Roland Weihrauch/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

ARCHIV - 23.11.2011, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Bauarbeiter reparieren in der Landeshauptstadt eine Straßendecke. (zu dpa/lnw "SPD: Schon über 50 kommunale Resolutionen gegen Straßenbaubeiträge") Foto: Roland Weihrauch/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Der Landtag hat am Mittwoch mit den Stimmen von CDU und FDP die Erhebung der Straßenbaubeiträge neu geregelt. Unter dem Strich werden Grundstückeigentümer künftig um bis zu 50 Prozent entlastet. Die Kommune dagegen entlastet das neue Gesetz nicht, sondern beschert ihnen nach Darstellung von Bürgermeister Reiner Breuer nur mehr Arbeit. Breuer – ganz auf der Linie seiner Partei SPD – hätte gerne die generelle Abschaffung dieser Gebühr gesehen. Der Landtagsabgeordnete Jörg Geerlings (CDU) dagegen verteidigt das neue Gesetz als bürgerfreundliches Paket. „Ich werde schnellstens beantragen, dass die Stadt die neuen Möglichkeiten im Sinne der Bürger ausschöpft“, sagte er am Abend.

Breuers Kritik macht sich auch daran fest, dass Aufwand und Ertrag in keinem wirtschaftlichen Verhältnis zueinander stehen. Die Zahlen dazu hat er auf Anfrage des SPD-Fraktionsvorsitzenden Arno Jansen ermitteln lassen. Personal- und Sachkosten zusammen genommen, kostet die Erhebung der Erschließungs- und Straßenbaubeiträge die Stadt jährlich 133.000 Euro. Demgegenüber wurden in den vergangenen zehn Jahren durch Straßenbaubeiträge Einnahmen in Höhe von durchschnittlich 192.000 Euro jährlich erzielt. Macht unter dem Strich 60.000 Euro „netto“ für die Stadtkasse. Dass in diesem Jahr 270.000 Euro „Plus“ herauskommen werden, hänge alleine mit einer verstärkten Tätigkeit im Straßen- und Kanalbau zusammen.

Was die Bilanz nicht ausweist, ist nach Breuers Darstellung der Ärger, den die Erhebung dieser Gebühr bei den Anwohnern hervorruft – und den diese gegenüber der Verwaltung auch zum Ausdruck bringen. Wenn er den Aufwand, den der Umgang mit Bürgerbeschwerden nötig macht, auch noch in Euro und Cent ausdrücken ließe, sähe die finanzielle Bilanz noch schlechter aus.

Die seit Monaten geführten politischen Debatten zu dieser Abgabe hat die Stadt veranlasst, ihre eigenen Spielräume möglichst bürgerfreundlich auszuschöpfen, sagt Breuer. Ganz auf eine Erhebung zu verzichten, verbiete der Stadt das Gesetz, sagt er. So führte er in der Verwaltung die Praxis ein, die Gebührenbescheide erst dann in die Post zu geben, wenn eine Verjährung der Forderung droht. Das könnte sich in vielen Fällen als doppelter Glücksfall für die Anwohner erweisen, sagt er. Denn die Entlastungen greifen bei allen Baumaßnahmen, die seit dem 1. Januar 2018 beschlossen wurden. Ob sich das neue Gesetz auf Altfälle ausweiten lässt, die noch nicht abgerechnet wurde, sei zu prüfen.

In der Neusser Politik war der Umgang mit dieser Gebühr noch bis in die Beratungen zum Etat 2020 ein Thema. „Die Bürger werden dadurch ruiniert“, stellt Fraktionsvorsitzender Carsten Thiel in seiner Etatrede fest. Seine UWG hatte die Abschaffung der Gebühr abgelehnt, doch diese Antrag konnte nur symbolischer Natur sein. Beitragsrecht ist Ländersache. Da hat die Kommune keine Handhabe.

Um so deutlicher stellt Geerlings den neuen Gesetzestext als Erfolg dar. „Eine solche Entlastung hat es vorher nicht gegeben“, sagt er. Keine Landesregierung zuvor hätte sich auf solche Überlegungen eingelassen. Denn das Gesetz kostet das Land jährlich 65 Millionen Euro. Die werden als Fördergeld an jene Kommunen zur Reduzierung der Beiträge ausgeschüttet, die sich zur Anwendung einer neuen, günstigeren Staffelung der Beiträge bereit erklären. „Ich gehe davon aus, dass die Stadt das schnellstens umsetzt“, sagt Geerlings.

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