Reiner Breuer in Ketten abgeführt

Bürgermeister fühlt sich beim Rathaussturm an Szenen aus „Shades of Grey“ erinnert.

Neuss. Diese verflixte Absperrkette. Als Prinz Dieter III. und Novesia Anita I. um 10.59 Uhr das Büro von Bürgermeister Reiner Breuer betreten, schwant dem Verwaltungschef zwar schon, dass er gleich gefesselt und entmachtet wird. Was Reiner Breuer aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß: Ihm steht ein Tausch bevor. Die Macht im Rathaus ist der Bürgermeister um 11.11 Uhr los, dafür kriegt er einen neuen Spitznamen: „Mister Grey“.

Schuld daran sind drei Dinge: sein grauer Anzug, seine kesse Wortwahl — und die Fesselspiele des Neusser Prinzenpaares. Mit der rot-weißen Absperrkette setzen Dieter III. und Anita I. den Bürgermeister schachmatt. „Noch ein bisschen fester machen“, sagt der Prinz. Sicher ist schließlich sicher. Der Bürgermeister nimmt’s an diesem besonderen Tag mit Humor. „Erinnert ein bisschen an ,Shades of Grey’“, sagt er und lacht. Und schon ist der Spitzname in Anlehnung an den von Hollywood verfilmten Erotik-Bestseller geboren. „Mister Grey“ ruft einer aus der Entourage des Prinzen. Und dann geht’s für Breuer raus zum Volk.

Reiner Breuer in Ketten abgeführt
Foto: Lothar Berns

Mit dem Bürgermeister im Schlepptau marschieren die Karnevalisten auf den Marktplatz — und auf die Bühne. Dort darf er noch ein paar Worte sagen, bis er die Macht an die Neusser Jecken abtreten muss. „Es ist schon brutal. Ich bin erst 15 Monate im Amt, schon wird das Rathaus zum zweiten Mal gestürmt, und ich werde in meinem Büro malträtiert“, sagt Breuer. „Die Karnevalisten sind eingedrungen und haben mich gefesselt.“

Dann widmet sich Breuer in seiner Rede dem Motto der Session. „Vom Obertor bis Hamtorwall — faire Jecke überall“, lautet es. „Fair, das heißt, dass wir tolerant miteinander umgehen, mit Respekt, und dass wir viel Spaß haben“, sagt Breuer. Kurz darauf halten Prinz und Prinzessin den großen goldenen Rathausschlüssel in Händen, den Breuer zwar noch festzuhalten versucht — aber ohne Chance. Mit vereinten Kräften sind Prinz und Novesia einfach stärker. Das Symbol der Macht ist Reiner Breuer los. Das Rathaus ist ab sofort in Händen der Neusser Jecken. „Ons Nüss helau!“, rufen sie.

Stolz hält Anita I. den Schlüssel in die Luft, dann wendet sie sich ans Publikum. „Seid ihr gut drauf?“, fragt sie. Das Publikum bejaht. Anita I. dreht sich zu Breuer. Der Bürgermeister wird entfesselt — und die Neusser feiern ihr Prinzenpaar. Zu Ehren der Novesia stimmen auf dem Marktplatz einige lautstark den Schlager „Anita“ an. Dann gibt die Novesia den Takt vor: „Denn wir sind Nüsser Mädchen“. Danach spricht Prinz Dieter III. zum Volk. Er betont, wie viel Spaß ihm und seiner Frau die Session macht. Dann ist der frisch entfesselte Reiner Breuer am Zug: Er sticht das Fass an. Gemeinsam mit den Jecken stößt er auf eine tolle, fröhliche und friedliche Karnevalszeit an — auch wenn er die Macht im Neusser Rathaus bis Aschermittwoch los ist.

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