Mit Topf und Teller auf Haussuche

Selbstständig leben: Elterninitiative des Vereins für Behinderte sucht Unterstützung beim Hausbau für WG.

Meerbusch. "Wir wollen neue Wege gehen", sagt eine Elterninitiative des Vereins für Behinderte in Osterath. Ziel ihres Weges ist ein Haus, in dem erwachsene behinderte Menschen zusammen leben können.

Im Lanker Forum Wasserturm warben die Eltern für diese kostengünstigere Alternative zum Heimaufenthalt: das Ambulante Betreute Wohnen, mit Freunden, ohne Krankenhausatmosphäre, dafür mit Privatsphäre.

Ein Vortrag von Evelyn Küppers, selbst Mutter eines gehandicapten jungen Mannes, den sie seit 27 Jahren mit "Kosten gleich Null für den Staat" zu Hause pflegt, sollte den Interessierten im Saal transparent machen, was Nichtbetroffene verdrängen oder sich nicht bewusst machen: Behinderung ist per Definition "ein regelwidriger geistiger, seelischer oder körperlicher Zustand".

Die Behinderung schränkt den Menschen in seiner Unabhängigkeit und Beweglichkeit, in der Berufsfindung und seiner Selbstbestimmung ein. Das ist besonders schwierig an der Grenze zum Erwachsenwerden, wenn jeder so gut wie möglich eigene Wege gehen will - auch der behinderte, hilfebedürftige Mensch.

Die Frage, warum ein Heim nicht in Frage komme, beantwortet eine junge Wohnungskandidatin im Wasserturm ebenso einfach wie schlüssig: "Weil ich schon Töpfe und Geschirr habe."

Ohne die Sicherheit eines echten eigenen Zuhauses, das individuell eingerichtet und von biografischer Kontinuität und Intimität geprägt ist, so Küppers, würden die behinderten Menschen benachteiligt, würden weder "gemeindenah" noch "so wenig einschränkend wie möglich" versorgt. Selbstbestimmung beinhalte, Hilfe annehmen zu können, je nach Bedarf und Pflegestufe. Die Individualitätsentwicklung, die sich die betroffenen Eltern so sehr für ihre Kinder wünschen, bleibt also gekoppelt an die Höhe des Unterstützungsbedarfs: Erst die richtige Kombination mache gesellschaftsfähig.

In einem Heim allerdings werde bloß "gebetsmühlenartig" gepflegt. "All inclusive", aber der Stagnation unterworfen, kritisiert Stefan Meißner-Bonn, der Architekt des dynamischen, also sich allmählich nach Wünschen der Jugendlichen entwickelnden Wohnmodells, und selbst Vater eines behinderten Sohnes. "Die Planung steckt immer noch in den Kinderschuhen. Ein geeignetes Haus zu finden ist schwer, bei Neubauten sollte zukünftig generell mehr an Behinderte gedacht werden."

Aus Rechenbeispielen des Landschaftsverbands Rheinland geht hervor, dass ein ambulanter Platz rund 2000 Euro günstiger wäre als eine Heimstelle. Dennoch werden neue Wohnungen aus Kostengründen nicht mehr genehmigt, und nicht betroffene Mitmenschen verschließen auch schon mal Augen und Ohren. Vielleicht aus Überdruss gegenüber dem Finanzierungsmodell Gesundheit? "Wir würden Geld abgeben", sagt Evelyn Küppers, "wenn unsere Kinder nicht behindert wären."

Hilfsbereite Mitbürger und Betroffene erhalten Informationen in der Geschäftsstelle des Vereins für Behinderte in Osterath, Hochstraße 19c (2 02159-678978). Ein Faltblatt über das Projekt "Wer hilft uns, den Traum vom gemeinsamen Wohnen zu verwirklichen?" erklärt die Theorie und die Möglichkeiten, verschiedene Bausteine beizusteuern, zum Beispiel durch Sach- oder Arbeitsspenden.

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