Gegen die Langeweile Der Grüffelo kommt trotz Corona zu den Kindern nach Hause

Schlebusch. · Tagesmutter Stella Russo liest „ihren“ Kindern per Video vor.

 Stella Russo darf „ihre“ Kinder derzeit nicht betreuen. Ein Vorlese-Video zu versenden, ist aber erlaubt – und es freut die Kleinen.

Stella Russo darf „ihre“ Kinder derzeit nicht betreuen. Ein Vorlese-Video zu versenden, ist aber erlaubt – und es freut die Kleinen.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Stella Russo (34) ist Tagesmutter. Tagesmutter außer Dienst. Zwangsweise. Auslöser ist – wenig überraschend – das Coronavirus. Ihre Schlebuscher Tagesstätte wirkt gegenüber dem Normalzustand deutlich ruhiger. Nur noch die beiden eigenen Kinder beleben das Haus. „Wie kann ich aber mit meinen anderen Tageskindern Kontakt halten, ihnen in der allgemein schwierigen Situation Freude bereiten?“, fragte sich die 34-Jährige. Die Lösung: Stella Russo schaltete ihr Handy auf Videoaufzeichnung, holte das Kinderbuch vom Grüffelo und der Maus heraus, las das Buch vor und schickte den Film ihren Tageskindern. „Unsere Zweijährige ist begeistert“, berichtet Conny Korn von ihrer Tochter Mila. „Stella ist lieb“, meint Mila dann auch zu ihrer geliebten Ersatzmutter, und will das Märchen-Vorlesevideo noch einmal sehen. Die Technik macht es möglich.

Russo ist seit 2017 Tagesmutter. „Eine sehr engagierte“, lobt Mutter Korn, „sie hängt sich voll rein.“ Das Vorlesen per Video hat die Tagesmutter vor ein paar Monaten zum ersten Mal ausprobiert, noch vor der Coronakrise. Da mussten Mila und Mutter auf der Klinikum-Kinderabteilung in Quarantäne bleiben. „Stella“ setzte sich mit Gitarre vor die Kamera und sang für Mila. Eigentlich sei diese Form der Kommunikation nicht kindgerecht, analysiert die Tagesmutter: „Aber was bleibt uns in solchen Situationen anderes übrig?“

Das Vorlesen des Kinderbuchs „Grüffelo“ dauert rund sechs Minuten. Die Geschichte handelt von einer kleinen Maus, die beim Lauf durch den Wald ihre großen Feinde trifft: den Fuchs, die Eule und die Schlange. Listig versuchen die Tiere, die Maus anzulocken und zu fressen. Aber nicht mit der schlauen Maus: „Ich bin mit Grüffelo dem Monster verabredet“, sagt das kleine Nagetier, und freut sich über ihre Erfindung von dem Ungeheuer, das gerne Füchse, Eulen und Schlangen verspeist. Da ergreifen ihre Feinde lieber die Flucht.

Russo steht auch mit ihren Eltern nur per Chat in Kontakt

Am Ende trifft die Maus aber tatsächlich auf einen Grüffelo, der auch Mäuse als Leckerbissen mag. Jetzt dreht die Maus den Spieß um und zeigt dem Untier beim Rückweg durch das Gehölz, wie sehr die anderen Waldbewohner sich vor ihr fürchten. Schließlich verschwindet auch der Grüffelo. Eine Geschichte, wie sich Ängste mit Furchtlosigkeit und Fantasie vertreiben lassen.

Das Kinderbuch von Julia Donaldson und Illustrationen von Axel Scheffler erreichte weltweit Millionenauflagen, wurde verfilmt und 2019 durch die Deutsche Post mit einer eigenen Briefmarke ausgezeichnet.

„Selbst meine Kinder haben sich mein Filmchen auf dem Bildschirm angesehen“, erzählt Russo. Kleine Kinder liebten es zudem bekanntermaßen, sich Märchen immer wieder vorlesen zu lassen. Vielleicht könne sie mit ihrer Idee helfen, „die unwirklich erscheinende Zeit“ zu überbrücken.

Die Tagesmutter selbst geht derzeit nicht aus dem Haus, das Einkaufen müssen der Ehemann und eine Freundin erledigen. Ihre Familie steht mit den Eltern und der Schwester aber über Videochat in Kontakt. Dass diese Art der virtuellen Kontaktaufnahme sehr nützlich ist, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Rede zum Volk ausdrücklich als schöne Kreativität von Großeltern gelobt.

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