St. Tönis: Wirtschaft - PC-Schrank aus alter Zeit

Schreiner Hans Joachim Hüren verkauft und restauriert am Unterschelthof antike Möbel.

St. Tönis. Ein letzter Strich mit dem Leimpinsel, und Hans-Joachim Hüren setzt die kleine Leiste auf die Holzkante. Vorsichtiges Andrücken. Es folgt das Aufsetzen der passenden Zulage aus Holz und das Anbringen der Zwinge.

"Die Zulage, das kleine Holzstückchen, ist wichtig, da die Zwinge nicht direkt auf der Leiste sitzen darf. Das Ganze muss jetzt rund zwei Stunden trocknen, dann ist der Leim fest und die Leiste sitzt", erklärt der Schreiner.

Pause ist aber nicht angesagt, die restlichen Teile des Weichholzkleiderschrankes gilt es ebenfalls zu restaurieren. Der Kunde in Norddeutschland wartet schon voller Sehnsucht auf den mächtigen Schrank.

Aber nicht nur Weichholzmöbel bestimmen das Bild in der Werkstatt des Schreiners am Unterschelthof 1b in St.Tönis. Der Eichenschrank, der in der Den Haager Kunstschule 1930 entworfen wurde, gefiel den Besitzern nicht mehr. Jetzt präsentiert er sich weiß gekalkt.

Wo einst die Holzschnitzereien saßen, ist jetzt Edelstahl zu sehen. Kurz: Aus dem ehemals altmodisch wirkendem Möbelstück ist dank Hüren ein modernes Designer-Stück geworden.

Der aus Krefeld stammende Schreiner restauriert oder verändert aber nicht nur Möbel von Kunden. In seinem großen Ausstellungsraum tummeln sich dicht an dicht die verschiedenen Schätzchen, die er auf Aktionen, in Nachlässen und bei Händlern gefunden hat.

Der gewaltige Barockschrank, Weichholzmöbel, die mit ihren Glasscheibchen und Verzierungen an Omas alte Küche erinnern, Standuhren, Vitrinen, Sekretäre, elegante Tische mit den passend verschnörkelten Stühlen - Möbel, soweit das Auge reicht.

Darunter ist auch eine neue Leidenschaft von Hüren: Designerstücke aus den 50er bis 70er Jahren. "Die gestalte ich äußerlich um, und ich denke, das Ergebnis kann sich sehen lassen", sagt er strahlend. So gibt es den Schrank von 1948, der statt im dunklen Palisander in spiegelglattem bordeauxfarbenen Lack erstrahlt. Ein Hingucker auf der ganzen Linie.

Aber auch der ellipsenförmige, komplett kupferbeschlagene Computerschrank oder der ausklappbare Hausschreibtisch - 1928-1945 erstmals gebaut, danach ging er in Serie - sind ungewöhnliche Möbelstücke, die man so schnell kein zweites Mal findet.

Und dann gibt es da auch noch die Schätzchen, von denen sich Hüren auf keinen Fall trennt, weil an ihnen sein Herz hängt. Eins davon ist das Barockmusterschränkchen. "Es wurde um 1760 gebaut und diente als Vorlage für einen großen Schrank", erklärt der Schreiner.

Er fand das ungewöhnliche Stück bei einem Händler, allerdings in einem völlig heruntergekommenen Zustand, wie Fotos beweisen. "Aber das ist ja gerade der Reiz. Wenn ein solches Stück nach vielen Stunden Arbeit wieder aussieht wie neu, dann ist man schon stolz auf sich", verrät Hüren.

In dem kleinen Schrank stecken so 150Arbeitstunden. Leim- und Furnierarbeiten, Schleifen, Grundieren und Schelllackpolitur in mehreren Arbeitsgängen aufbringen, das alles braucht Fachwissen und viel Zeit.

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