„Tagelang nix — und dann läuft der Briefkasten über“

Viele Menschen aus der Region ärgern sich über die Postzustellung und melden sich bei der WZ.

Kreis Viersen. Die Neersenerin Hildegard Diekmann ist mit der Zustellung von Briefpost in Neersen unzufrieden. Sie nennt am Montag mehrere Beispiele. So sei in der vergangenen Woche zwischen Montag und Donnerstag keine Briefpost im Kasten gewesen, „dafür am Freitag 16 Briefe“. Unter diesen 16 Briefsendungen war auch eine CD. „Die hat ein Bekannter aus Dülken am Montag zuvor dort in die Post gegeben.“

„Tagelang nix — und dann läuft der Briefkasten über“
Foto: Remmers/dpa

Auf die Fernsehzeitschrift „Hörzu“, die normalerweise am Freitag zugestellt werde, wartet Frau Diekmann zu Wochenbeginn noch vergeblich.

„Tagelang nix — und dann läuft der Briefkasten über“
Foto: Lübke

„Vor 16, 17 Uhr rechnen wir nicht mehr mit Post“, sagt sie über die späte Zustellung. Viele in der Nachbarschaft hätten bereits resigniert. Auf ein Fotoalbum, das laut Cewe-Buch am 7. November an sie ausgeliefert worden sein soll, wartet sie bisher auch vergeblich.

Ein andere Neersenermeldet sich in der Redaktion. Sein Urteil über die Zuverlässigkeit der Postzustellung: „Erschreckend! Mal kommt die Post um 10 Uhr, mal um 11, mal erst abends um halb sieben.“

Auch Doris Riedler sagt zum Thema Postzustellung: „Hier in Neersen ist es schlimm.“ Dass vor Monaten montags keine Post kam, sei ja noch harmlos. Mittlerweile dauere es anderthalb Wochen, bevor überhaupt mal Post gebracht werde. Der Briefkasten quelle dann über. „Die Zustellerin erklärt das so: Pakete haben Vorrang.“ Das sei eine Vorgabe von oben. Wenn also viele Pakete ausgeliefert werden, blieben die Briefe liegen. „Auf meine Frage, was denn in der Weihnachtszeit geschieht, meinte sie, dass dann womöglich gar keine Briefe rundgetragen werden.“ Davon abgesehensei es ein Wunder, wenn die Pakete heil ankommen: „Ich hatte das Innere des Zustellautos gesehen. Die Pakete waren gepresst bis unter die Decke“, berichtet Doris Riedler.

Ein Kempener, der sich telefonisch bei der WZ gemeldet hat, glaubt ohnehin, dass die Fahrzeuge der Post viel zu klein für die vielen Pakete bemessen sind. „Die müssen dann nach Krefeld fahren und Post nachladen“, mutmaßt er.

René Thielsch aus Grefrath berichtet: „Bei uns läuft das seit zwei Jahren unter dem Motto montags nie“. Es sei schon seltsam, wenn man an fast jedem Tag der Woche Briefe bekommt, nur nicht am Montag. Ausnahmen seien Montage, an denen der Postbote ein Paket mit Liefertermin habe. Dann gebe es aber nur das Paket, keine Briefe auch nicht für die Nachbarn.

In Hinsbeck sieht es nach Auskunft von Ralf Hendrix nicht besser aus: Samstags und montags komme kaum Post, und dies schon seit Monaten. Besonders ärgerlich sei, dass „Spiegel“ und die Stadionzeitschrift samstags erscheinen, „beide aber oft erst am Dienstag bei mir im Briefkasten sind“. Dass Briefe und Pakete gemeinsam ausgeliefert werden, gebe es in Hinsbeck schon lange — bis vor einigen Monaten auch ohne Probleme.

Ganz anderen Post-Ärger hatte Ulli Marquardt aus Kempen. „Ich erhielt per DHL-Mail am Montag, 13. November, die Information, dass mein erwartetes Paket von der Packstation in die Filiale umgeleitet wurde, ich könne es am nächsten Werktag abholen.“ Dienstag stand er dann vor verschlossener Tür: „Betriebsversammlung“. Am Mittwoch befand er sich dann in einer Schlange, die bis weit aus dem Filialraum herausreichte. Nach einer halben Stunde durfte er dann seinen Ausweis vorlegen und der Servicemitarbeiter begann die Suche — erfolglos. „Wo ist denn die Sendungsnummer?“ fragte der Mitarbeiter, doch Marquardt hatte diese nicht parat und durfte die Filiale wieder verlassen. Am Donnerstag versuchte er es erneut — mit Sendungsnummer! Das Paket blieb aber unauffindbar. „Ich hoffe nur, dass dem Paketzusteller auf dem Weg von der Packstation bis in die Filiale (immerhin fünf Meter Luftlinie) nichts passiert ist“, spöttelt der Kempener.

Familie Nahrgang von der Heinenstraße in Kempen klagt ebenfalls darüber, nur noch zwei- bis dreimal in der Woche Post zu bekommen. „Wir haben in den letzten Monaten schon drei bis vier Mal bei der Post angerufen und uns beschwert, immer hieß es, die leiten es weiter und würden uns auch zurückrufen. Bis heute haben wir keinen Rückruf erhalten oder eine Entschuldigung.“ Und an einem Samstag gegen 17.30 Uhr habe ein Postauto randvoll mit Briefen und Paketen um die Ecke geparkt. Der junge Fahrer habe minutenlang mit seinem Handy telefoniert und sei dann einfach davongefahren, ohne die Post auszuteilen. „Das ist eine absolute Frechheit.“

Zum Thema Postzustellung war die WZ gestern Vormittag auch auf dem Kempener Buttermarkt. Im Rahmen der Redaktion vor Ort fragten Redakteure die Passanten nach ihren Erfahrungen. Unter anderem äußerte sich Hans Buschmeier: „Sie werfen nur die Post ein, wenn auch mindestens ein Brief dabei ist“, ärgert er sich. „Dicke Mappen“, gemeint sind die Werbeprospekte, würden dagegen nicht verteilt. Der Anwohner der Wiesenstraße habe bereits bei der Post angerufen und sich auch schon mal „einen Fahrer geschnappt“. Eine befriedigende Antwort hat er nach eigener Aussage aber nicht bekommen.

„Tagelang nichts - und dann läuft der Briefkasten über“ — das ist die Erfahrung von Ingeborg Hoppe aus St. Hubert. Sie finde das „unmöglich“.

Doch die Zusteller bekommen auch Rückendeckung: „In Grefrath läuft alles gut - wenn die Post heute nicht kommt, dann eben einen Tag später“, schreibt eine Userin auf Facebook. Sie möchte nicht mit den Postboten tauschen. „Wir in Kehn haben tolle Postboten“, lautet ein weiterer Kommentar auf der WZ Niederrhein-Facebookseite. Und auch das Folgende wurde online geschrieben: „Bleibt bei einem Krankenstand von 20 Prozent kaum aus. Und wenn der Betriebsrat Überstunden verbietet, muss man bei der eigenen Tour die Zeiten einsparen. Und das kurz vor Weihnachten, das muss zwangsweise zu Rückstellungen kommen.“

„Vielen Dank für ihre Beiträge in der WZ“, schrieb gestern Abend noch Ralph Westhofen, Psychotherapeut mit Praxis an der Vorster Straße in Kempen. „Sie machen damit einen Notstand öffentlich, der so nicht geduldet werden darf“, so Westhofen weiter. In der Tat sei die Post- und Briefzustellung der Deutschen Post eine Zumutung. „Insbesondere als Praxis sind wir auf tägliche Postzustellung zum Wohle der Patienten (u. a. Erstellung wichtiger Gutachten) angewiesen.“ Leider werde Post zwei bis drei Tage verzögert geliefert — „bzw. eine Zustellung erfolgt erst nach 17 Uhr“.

Die WZ-Redaktion hat die vielen Zuschriften zum Ärger mit der Post gesammelt. In der kommenden Woche werden wir die Deutsche Post mit den Problemen aus dem Kreis Viersen konfrontieren.

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