Neu- und Nordstraße Grefrath: Neue Namens-Diskussion bahnt sich an

Grefrath · Nach dem Grundsatzbeschluss, Straßen nicht mehr nach Grefrathern zu benennen, gibt Alfred Knorr nicht auf. Nun geht es um das neue Wohngebiet zwischen Neu- und Nordstraße.

 Zwischen Nord- und Neustraße sollen Häuser und eine neue Straße gebaut werden. Aktuell verzögern sich die Arbeiten aber.

Zwischen Nord- und Neustraße sollen Häuser und eine neue Straße gebaut werden. Aktuell verzögern sich die Arbeiten aber.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Die Benennung von Straßen und Plätzen unterliegt in Grefrath einer besonderen Regel. Vor vier Jahren hatte die Mehrheit des Rates die schon zuvor gängige Praxis bestätigt, Gebäude, Straßen oder Plätze nicht mehr nach Grefrather Persönlichkeiten zu benennen. Dass das früher einmal anders war, beweisen verschiedene Straßen. Besonders in Oedt wird mit Johannes-Girmes- und Johann-Fruhen-Straße oder Albert-Mooren-Halle vielen verdienten Bürgern gedacht. Aber auch in Grefrath gibt es mit dem Bergerplatz, der Schwartz- und der Hermann-Lenßen-Straße Erinnerungen an heimische Persönlichkeiten.

Im Jahr 2016 hatte sich die Diskussion an einem Antrag entzündet, den Platz an der Marienschule in Mülhausen nach dem langjährigen Bürgermeister in „Josef-Lepers-Platz“ zu benennen. Nun gibt es wieder eine Straße zu benennen: Keine 150 Meter lang wird die Zufahrt ins neue Baugebiet zwischen Nord- und Neustraße sein. Die Sackgasse von der Nordstraße aus ins Wohngebiet endet mit einem Wendehammer im Bereich der Neustraße.

Vorschläge aus
der Bevölkerung erwünscht

Bei der Benennung für dieses Straßenstück soll nun die Öffentlichkeit, besonders der Heimatverein Grefrath, einbezogen werden. Anbieten würde sich laut Verwaltung eine Namensgebung, die an die Vornutzung anknüpft. Dort hatte eine Batteriefabrik gestanden. Danach war die Grevelour dort ansässig. Die Verwaltung wies in ihrer Vorlage zudem darauf hin, dass in diesem Bereich die Bezeichnung „Pötenburg“ nachgewiesen ist, die sich als Namenspatin ebenfalls anbieten würde. „Pötenburg“ weist auf eine alte Flur hin, wo eine mittelalterliche Siedlung mit diesem Namen bestanden haben soll, weiß der CDU-Ratsherr und Heimathistoriker Alfred Knorr zu berichten. Zu diesem Ergebnis sei der Archäologe Albert Steeger gekommen, der 1953 den alten Brunnen Nähe Nordstraße untersucht hatte. In dem achteckigen Brunnen, der zu dieser Zeit nur noch 1,60 Meter tief war, befanden sich größere Mengen von Scherben und Steinzeugreste. Die Sensation war der Fund eines Griffes eines zierlichen Tafelmessers in feiner Goldfassung mit Motivziselierungen auf beiden Seiten. Steeger schloss dadurch auf ein vornehmes Haus oder einen adeligen Sitz an dieser Stelle. Nachweise einer Burg gab es nicht. In einer Karte von 1799 ist etwa in der Gegend des heutigen Baugebietes „Burg“ eingetragen. Sonst ist nichts bekannt.

Auf diese Vermutung hin war damals übrigens der Burgweg benannt worden, was Bürgermeister Manfred Lommetz zu der Vermutung veranlasste, Grefrath sei wohl die einzige Gemeinde mit einem Burgweg ohne Burg.

SPD-Fraktionschef Bernd Bedronka machte in diesem Zusammenhang auf den Grundsatzbeschluss zu Straßenbenennungen aufmerksam. Wie schon vor vier Jahren kam auch nun wieder Kritik von CDU-Ratsherr Alfred Knorr an dieser Entscheidung. Er bezeichnete es als kurios, dass man sich die Möglichkeit nehme, Persönlichkeiten auf diese Weise zu ehren. Dafür gab es Applaus von den Zuschauern der Ratssitzung in der Albert-Mooren-Halle.

Julius Nohlen als
möglicher Namensgeber?

Knorr ließ bereits durchblicken, dass er einen geeigneten Kandidaten im Blick hat. Julius Nohlen war Eigentümer der Akkumulatorenfabrik, die genau auf der Fläche des Neubaugebiets stand. 1926 wurde die Fabrik zwangsversteigert. Gründe hierfür sind leider nicht bekannt. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten emigrierten Julius und Metha Nohlen nach Holland, wurden dort im Krieg aufgegriffen und in Auschwitz ermordet. Nohlenweg oder Nohlenstraße wären daher Namen, die sich Knorr vorstellen könnte. Die Nohlenfabrik hieß später „Rhenania“, im Grefrather Dialekt „Nohlens Potluet“ genannt, diese Bezeichnung bezog sich auf Graphit und Blei der Akku-Herstellung.

Ein weiterer möglicher Namensgeber für Knorr ist die alteingesessene Familie Hilkes, die im heutigen Baugebiet ihre Ländereien besaß. Ihr Haus an der Stadionstraße/Neustraße wurde 2016 abgerissen. Es böte sich also „Hilkesweg“ an, so Knorr.

Der Heimat-Forscher arbeitet nun mit dem Heimatverein Vorschläge aus und würde sich über weitere Vorschläge aus der Bevölkerung freuen.

Die Entscheidung wird erst der neue Gemeinderat nach der Kommunalwahl im September treffen. Wie die Mehrheiten dann aussehen werden, ist also ungewiss. Beim Grundsatzbeschluss waren sich vor vier Jahren die Fraktionen weitgehend einig. Nur aus der CDU und der FDP hatte es vereinzelte Stimmen für den Josef-Lepers-Platz gegeben. Von der Verwaltung hatte es damals geheißen, dass sich die Fraktionen vor Jahren mündlich darauf verständigt hatten, „keinen Personenkult zu betreiben“. Aus der CDU hatte es zudem die Anmerkung gegeben, dass man verhindere wolle, dass Personen Gegenstand politischer Diskussionen würden. Man einigte sich darauf, dass sich der Verzicht nur auf Grefrather Persönlichkeiten beziehen solle.

Arbeiten am Neubaugebiet
verzögern sich

Auf der Fläche zwischen Nord-/Neustraße ist es unterdessen ruhig geworden. Im Februar 2019 hatte die Firma Hamelmann mit dem Abtragen des kontaminierten Bodens begonnen. Dort sollen mehrere Einfamilien- und Mehrfamilienhäuser entstehen. Zuvor mussten aber die Altlasten des früheren Batteriefabrik-Grundstücks beseitigt werden. Die Bodensanierung ist abgeschlossen. Schächte und Rohre wurden jüngst angeliefert. Im nächsten Schritt werden die Ver- und Entsorgungsleitungen verlegt. Die Arbeiten sind allerdings ins Stocken geraten. Das habe zwei Gründe, so Jürgen Hamelmann. Man warte auf die Freigabe des Kreises Viersen, der anhand der Unterlagen über die Entsorgung die ordnungsgemäße Altlastenbeseitigung bescheinigt. Aber Hamelmann macht auch keinen Hehl daraus, dass sein Unternehmen zurzeit viel zu tun hat. Die Auftragsbücher seien voll. Wegen der Corona-Situation und der damit verbundenen ruhigen Zeit auf den Straßen hätten zum Beispiel Versorger geplante Arbeiten vorgezogen. Wenn die Bauarbeiten abgeschlossen werden können, sei daher im Moment noch nicht zu sagen.

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