Hilden/Haan : Amer Mohammed näht gegen Corona
Hilden/Haan. Der syrische Flüchtling möchte etwas Gutes in der Corona-Krise tun und sich bedanken.
Amer Mohammad hat sein Handwerk nicht verlernt. Die Nähmaschine surrt. Zack, zack: drei, vier geschickte Handgriffe – und der Mundschutz ist fertig. Der 39-jährige Syrer lächelt: „Ich wollte unbedingt etwas tun, und das kann ich jetzt.“
Die Rotary-Stiftung Hilden-Haan hat ihm eine Nähmaschine und Material zu Verfügung gestellt. Und so sitzt Amer Mohammad jetzt in einem separaten Raum des Sanitätshauses Vital an der Robert-Gies-Straße und näht einen Mundschutz nach dem anderen – nach einem professionellen Schnittmuster. Er macht das aus freien Stücken: „Ich möchte mich damit für die Hilfe bedanken, die meine Familie und ich erhalten haben.“
In Syrien hatte Amer Mohammad eine eigene Schneiderei. Seit acht Jahren tobt dort ein blutiger Bürgerkrieg. Rund die Hälfte der Bevölkerung (18,6 Millionen Menschen, Stand 2017) ist geflohen oder wurde vertrieben. Mehr als 400 000 Menschen sind getötet worden. Das sind nur Schätzungen.
Mohammad, seine Frau und seine drei Kinder haben es geschafft, dieser Hölle zu entkommen. Seit 2015 sind sie in Hilden. Endlich in Sicherheit: ein Leben ohne ständige Todesangst. Vier Jahre lang hat die Familie in einer städtischen Flüchtlingsunterkunft gelebt. Das war schwierig, aber kein Vergleich zu dem, was sie vorher mitgemacht haben. Dann fand die fünfköpfige Familie mit Hilfe des städtischen Integrationsbüros eine Wohnung. Was für ein Glück: Eine eigene Wohnung ganz für sie allein. Ein weiterer, großer Schritt hin zu einem normalen Leben. Die Mohammads tun alles, um sich zu integrieren und anzukommen. Vater Amer hat sich selber Deutsch beigebracht, weil noch kein Platz in einem Integrationskurs frei war. Die beiden großen Kinder (19 und 13 Jahre alt) gehen auf das Gymnasium, das Jüngste (8) besucht die Grundschule. Ihre Mutter will arbeiten gehen.
Die Familie möchte ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten
„Die Familie will ihren Lebensunterhalt unbedingt selbst bestreiten und zeigt viel Eigeninitiative“, sagt Rachida El Khabbachi vom Rotarier Sozialfonds: „Amer Mohammad ist ein sehr engagierter und positiver Mensch.“ Deshalb ist er dem Integrationsfonds (getragen von der Rotarier Stiftung Hilden-Haan und dem Hildener Biotechnologie-Unternehmen Qiagen) aufgefallen und wird ebenso wie 34 weitere Geflüchtete unterstützt und gefördert. Der Integrationsfonds hat ihm ein Praktikum bei einer Hildener Firma besorgt. „Das hat gut geklappt“, freut sich Rachida El Khabbachi: „Die Firma will ihn übernehmen. Jetzt soll er sein Deutsch verbessern.“ Amer Mohammad soll einen geförderten Integrationskurs bei der Volkshochschule Hilden-Haan machen. Problem: Die Kurse sind wegen der Corona-Krise erst einmal bis auf weiteres ausgesetzt, sagt Volkshochschulleiter Martin Kurth: „Wir versuchen Online-Angebote auf freiwilliger Basis anzubieten. Es ist aber sehr schwer, die an die Frau oder den Mann zu bringen.“ Mohammad ist nicht der Mann, der abwartet und die Hände in den Schoß legt. „Wir haben eine Corona-Krise? Was kann ich tun?“, hieß es gleich von ihn.