WZ-SERIE Neue Designdecken schlucken Lärm

Krefeld · Auf der Suche nach einer Lösung für ein eigenes Büro erdachte Hardy Kreitner ein neues System von Schallschluckern.

Hardy Kreitner hat auch die Akustikwände für die „Waschküche“, das Bistro im Campus Fichtenhain, erdacht, über deren Wirkung sich Nadja Esser freut.

Hardy Kreitner hat auch die Akustikwände für die „Waschküche“, das Bistro im Campus Fichtenhain, erdacht, über deren Wirkung sich Nadja Esser freut.

Foto: ja/Andreas Bischof Tel.+49(0)171285

Es wird geplaudert bei Sauerbraten, Kartoffelpüree und Rotkohl, gelacht bei Milchkaffee am Nachbartisch und geklappert hinter der Theke und in der Küche. „Früher hätte man sich jetzt kaum noch unterhalten und verstehen können“, sagt Nadja Esser von der „Waschküche“, dem Bistro im Campus Fichtenhain, „es hat gehallt, es gab Echo.“ Das ist mittlerweile anders. Der Grund dafür sind ein paar weiße Quadrate vor einer der weißen Wände der Gastronomie in dem denkmalgeschützten Gebäude – sie sind Schallschlucker.

Die Idee für diese Design-Akustikplatten in verschiedenen Formen für Decken, Wände und Schrägen mit einer komplett neuen Art von Befestigung kommt aus einem Gebäude nur ein Haus weiter. Hier sitzt das neu gegründete Unternehmen Acusta GmbH von Geschäftsführer Hardy Kreitner. Der ist eigentlich Chef einer derzeit noch in Gladbach ansässigen Werbeagentur, hatte Anfang 2017 die Hausnummer 67 des Gewerbegebiets gekauft und ab September umgebaut.

Patent: Die Idee ist als Gebrauchsmuster angemeldet

In diese Zeit fällt auch der Ursprung seiner Geschäftsidee für Acusta, nur ahnte er das nicht. „Ich habe nicht gesagt ,Juhu, ich hab was Neues erfunden‘. Eigentlich war ich nur auf der Suche nach einer Lösung für ein Problem“, sagt der 49-Jährige heute. In den Plänen des Architekten zum Umbau der Hausnummer 67 fand er einen Strich im Plan, an dem „Akkustikdecke“ stand. Kreitner hatte allerdings nicht die Absicht, sich die schönen alten Details des Gebäudes zuzuhängen. „Ich habe doch nicht so viel Herzblut in ein denkmalgeschütztes Objekt und in die Individualität gesteckt, und dann das.“ Und er zieht die Nase kraus, wenn er von abgehängten Decken mit viereckigen Platten in quadratischen Profilen erzählt.

Er hatte seinen eigenen Kopf, wollte den zu erwartenden Lärmpegel in dem Büro mit 74 Quadratmetern Deckenfläche anders bekämpfen, machte erste Zeichnungen von Platten, die ein bisschen wie Eisschollen auf einer Wasseroberfläche aussehen. Mit einem wesentlichen Unterschied: „Die Abstände zwischen den Platten, Fugenbreiten und Fluchten sind absolut exakt“, sagt der Neugründer, „das müssen sie auch sein.“ Nur so werde das Ziel erreicht: Der Schall bewegt sich durch die Fugen und hinter die Absorptionsplatten und wird dort zu einem großen Teil beim „Abprallen“ von der Decke von der Plattenrückseite „aufgesaugt“.

Niemand auf dem Markt habe allerdings Module anbieten können, wie er sie für die Immobilie haben wollte, um eine „angenehme Nachhallzeitwirkung zu erreichen“. Das heißt, wie er sagt: „Wie in einem gut gefüllten Wohnzimmer.“ Das wären etwa 0,5 bis 0,6 Sekunden Nachhallzeit. Die erreichten seine Systeme selbst in einem Raum mit bis zu 14 Menschen wie bei seinem Mieter im Erdgeschoss, einer IT-Firma.

Beim Weg von der Skizze zum ersten Prototypen im April 2018 kam dem Chef der Werbeagentur entgegen, dass einer seiner Kunden einer der drei größten Zulieferer von Absorberplatten in Europa ist. Der Bocholter Geschäftsführer der Firma mit Sitz in den Niederlanden, erzählt Kreitner begeistert, habe seine Idee verstanden und mit seinen Erfahrungen bei der Umsetzung geholfen.

Als der Entwicklungspartner gesagt habe: „So was hab ich noch nicht gesehen, ging mir ein Licht auf, dass das etwas Besonderes ist“, sagt Kreitner, der mit seiner Idee deshalb auch zum Patentanwalt ging. Die Acusta-Systeme sind nun geschützt als sogenanntes Gebrauchs- und Geschmacksmuster mit Prüfung zum Patent. „Es sind zwar alles Komponenten, die es schon gibt, aber wenn die Nutzung innovativ ist, ist das grundsätzlich patentfähig.“

Während woanders Decken verdeckt oder verändert würden, könnten die Acusta-Systeme „in die Deckengestaltung eingebunden werden“. Und die Aufhängungen seien im Gegensatz zum Beispiel zu Deckensegeln nicht zu sehen. Die im 3D-Druck hergestellten Halterungen, oder Konsolen wie sie bei Acusta heißen, haben als Gegenüber in der an ihnen befestigten Platte Magnete. Dadurch können sie jederzeit abgenommen werden. Das sei wichtig, weil über Decken heute Licht, W-Lan oder andere technische Funktionen nutzbar gemacht würden. „Und nur durch die Kombination Konsole und Magnet kommt man zu den exakten Abständen. Wird gebohrt, ist eine Platte niemals gerade an der Wand.“ Ganz zu schweigen von Fällen wie der „Waschküche“: „Da ist ja wirklich alles schief.“

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