Landgericht: Heroin für den Freiheitskampf

Muzaffer T. legte am dritten Verhandlungstag ein Geständnis ab. Er sei vor 18 Jahren ein Drogenkurier gewesen.

Krefeld. Der kurdische Kulturverein in Krefeld war Mitte der 90er Jahre alles andere als ein Treffpunkt zur Erhaltung des Brauchtums aus dem fernen Anatolien. Wie andernorts in Westeuropa auch, ging es vorwiegend um die Geldbeschaffung zur Finanzierung des Freiheitskampfes in der Ost-Türkei. Heroin aus afghanischem Opium, eingeschmuggelt über die Balkan-Route, spielte dabei eine wichtige Rolle.

Eines der Rädchen in der Maschinerie des politisch motivierten Drogenhandels sitzt derzeit auf der Anklagebank vor dem Landgericht: Muzaffer T. (45). 27 Jahre alt war er, als er für eine sechsköpfige Gruppe Krefelder Kurden unter der Führung eines Mannes namens E. Heroin-Portionen zwischen fünf und 30 Gramm von Krefeld aus zu Abnehmern nach Duisburg und Gelsenkirchen brachte.

Von einer Lieferung nach Köln war die Rede, bei der es sogar um fünf Kilo gegangen sein soll. Alle Fahrten, meist mit dem Zug, sind durch die von Drogenfahndern abgehörten Telefonate protokolliert. Danach hat T. 19 Mal Kurierdienste geleistet.

E. und die anderen Hintermänner waren bereits im Mai 1996 zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Nur Muzaffer T. blieb verschwunden; er hatte sich zunächst in die Türkei abgesetzt, wo er heiratete, und war 1999 in die Schweiz gereist, wo er sich bis Januar dieses Jahres verstecken konnte. Er arbeitete illegal, hielt Kontakt zur Familie via Skype und MSN, wie er gestern der 2. Großen Strafkammer verriet. Hätte er im vergangenen Winter nicht seine Frau in der Türkei besuchen wollen, wäre er vermutlich nie auf der Anklagebank gelandet: 2015, nach 20 Jahren, wäre die Verjährung eingetreten.

Nach einem Deal zwischen Verteidigern, Staatsanwalt und Kammer, den Strafrahmen wegen Beihilfe zum gewerbsmäßigen Handel mit Drogen auf vier bis viereinhalb Jahre zu begrenzen, legte Muzaffer T. über seine Anwälte ein Geständnis ab: Ja, er sei der Kurier für E. gewesen, habe auch Geld für das Heroin in Empfang genommen. E., der sieben Jahre abgesessen hat, ist wieder ein freier Mann in Deutschland. Er bestätigte gestern als Zeuge die Kurierdienste des Angeklagten. „Ein wenig“ hätte sich dadurch auch seine wirtschaftliche Situation verbessert, räumte Muzaffer T. ein.

Den Wunsch, des Angeklagten, so bald wie möglich aus deutscher Strafhaft in die Türkei abgeschoben zu werden, will der Staatsanwalt unterstützen. Üblicherweise geschieht dies nach der Hälfte der abgesessenen Zeit. Offenbar muss T. in der Türkei keine strafrechtliche Verfolgung befürchten.

Das Urteil wird am nächsten Freitag verkündet.

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