Matinee: Alte sind Verlierer der Revolution

In der Fabrik Heeder steht die deutschsprachige Erstaufführung des lettischen Stückes „Grundsteuer“ bevor.

Krefeld. Sie schreibt Theaterstücke, Libretti für Rockopern, Gedichte, Essays und ist doch etwas mehr als nur eine Schriftstellerin. Die Lettin Mara Zalite gilt als Vordenkerin der "Singenden Revolution, mit der sich das Baltikum von der Sowjetunion emanzipierte. 1989 kürten die Letten sie zur "Frau des Jahres". Ihr Stück "Grundsteuer” wird ab 6. März in der Fabrik Heeder als deutschsprachige Erstaufführung gezeigt, Regisseur Ulrich Hüni, Dramaturgin Sabine Mund sowie die Darsteller Suly Röthlisberger und Matthias Oelrich informierten bei einer Matinee im Stadttheater über Stück und Autorin.

Wie vielen Letten ist auch der Familie Zalites die wechselvolle Geschichte ihres Landes - gekennzeichnet durch kurze Phasen der Freiheit und lange Phasen der Fremdbestimmung, sei es nun durch die Sowjets oder auch die Deutschen - quasi ins Stammbuch geschrieben. Die Eltern der Autorin wurden deportiert, Zalite wurde im Zwangsexil in Sibirien geboren.

Die Helden ihres Stücks sind Senta (Röthlisberger) und Hermann (Oelrich), ein altes Paar, das als Zwangsgemeinschaft vegetiert. Er versorgt die ans Bett Gefesselte mit Nahrung für ihre allerdings nur imaginierte Katze und Neuem aus ihrer Lieblings-Telenovela und knöpft ihr ihre Ersparnisse ab. Bis der Grundsteuerbescheid kommt, der die gemeinsame Existenz bedroht.

Regisseur Hüni ist zur Vorbereitung nach Lettland gereist, berichtete von der Radikalität des Umschwungs dort. Gerade die alten Menschen gehörten zu den Verlierern, Renten gibt es für sie nicht. Das müsse man sich als ganz realen Hintergrund für die Situation des Paares vorstellen.

"Nein, das ist kein Versehen. Das Versehen sind wir”, so kommentiert Hermann den Bescheid. Zalites Stück beleuchtet das Drama des Wandels, am Ende "trampelt” ein junges Pärchen geradezu über die Alten hinweg, deren Dasein "im Schatten der Geschichte” (Hüni) verschwindet.

Premiere: 6. März, 20 Uhr. Weitere Auff.: 28. März, 13. und, 27. April, Karten: 805-125.

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