Der Kaiser von China in der Fabrik Heeder

Tilmann Rammstedt eröffnete mit seinem Erfolgsbuch den „Literarischen Sommer“.

Krefeld. "Der Kaiser von China" heißt Tilman Rammstedts Erfolgsbuch, mit dem der zehnte "Literarische Sommer" seine Lese-Reihe in Krefeld jetzt eröffnete. Vom Ingeborg-Bachmann-Preis bis zum "Automatischen Literaturkritik-Preis der Riesenmaschine" kommt dieses leichte Werk inzwischen schwerbehangen und heftig nobilitiert daher - "zu Recht", meinte Moderatorin Maren Jungclaus völlig zu Recht.

Denn selbst auf der überfüllten und hoffnungslos übertemperierten Studiobühne II der Fabrik Heeder, ja, selbst in dieser chinesischen Waschküche noch lauschte das Publikum mit Begeisterung, wie der Autor durch seinen Text raste, seinen ebenso konstruiert wie kreuzkomischen Plot mit Charme entfaltete: Der rückgratlose Ich-Erzähler wurde verdonnert mit seinem Großvater eine Reise zu unternehmen - und der sucht sich ausgerechnet China aus. Das Reisegeld ist schnell verspielt. Der trotzige, einarmige Opa setzt sich ins Auto, kommt aber nur bis zum Westerwald, wo er das macht, woran der Enkel nicht mehr glauben wollte: Er stirbt.

Die hintergangenen Geschwister müssen nun mit getürkten Reiseberichten aus China bei Laune gehalten werden. Der Großvater, der Enkel, das Sterben, die Schrullen und selbst der Sex mit der fürchterlich dicken Gewichtheberin - das alles ist mit einer wahrhaft chinesischen Heiterkeit und Beiläufigkeit erzählt, mit abstrusen Pointen gespickt und erschreckend überzeugenden Anschaulichkeit gelogen, dass man gerne zum Kaiser von China wird.

Ein Humor, der von großen Themen wie Tod und tragische Liebe angenehm unterspült wird. Rammstedts Humor tauchte selbst das anschließende und wie stets überflüssige "Wie-sind-Sie-bloß-darauf-gekommen"-Gespräch in ein versöhnliches Licht. Der "Literarische Sommer" hatte seinen ersten wundervollen Abend. Nächste Lesung: Pieter Waterdrinker, 27.Juli, 19.30 Uhr, Crefelder Ruderclub.

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