Krefeld Audienda-Chor singt unbekanntes Zeisl-Requiem

Monika Becker-Fehling erklärt, wieso sie Flüchtlinge zu einem Konzert in Erinnerung an das Ende des 2. Weltkriegs einlädt.

Krefeld: Audienda-Chor singt unbekanntes Zeisl-Requiem
Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Der Audienda-Chor lädt am Samstag, 14. November, um 19.30 Uhr zu einem Konzert in die Alte Kirche. In Erinnerung an das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 70 Jahren ist es den mehr als 50 Millionen Opfern gewidmet. Monika Becker-Fehling ist die Vorsitzende des Chors und erklärt im Interview, warum sie es für wichtig hält, nicht nur in die Vergangenheit, sondern auch auf die Gegenwart zu schauen.

Frau Becker-Fehling, die Stücke sind nicht alltäglich, wie sind Sie auf die Zusammenstellung gekommen?

Monika Becker-Fehling: Bei diesem Gedenken war das jüdische Thema vorgegeben und bei seinen Recherchen zum Konzert stieß unser Chorleiter auf das Requiem Ebraico von Erich Zeisl. Weiterer Aspekt der Auswahl war der Versuch, das Thema aus der Sicht von christlicher und jüdischer Religion auszuleuchten. Da für zwei Werke eine Orgel notwendig ist und die Synagoge keine hat, konnten wir das Konzert dort nicht singen. Die Alte Kirche ist uns aber auch sehr vertraut. Mindestens jedes zweite Jahr singen wir dort.

Was ist das Besondere an dem Requiem Ebraico?

Becker-Fehling: Erstmal wird es relativ selten gesungen. Ich wüsste nicht, dass das in Krefeld schon mal aufgeführt wurde. Erich Zeisl hat es 1944 komponiert und 1945 wurde es uraufgeführt. Er erfuhr von dem Tod seines Vaters in Treblinka. Er selbst ist vor den Nationalsozialisten nach Hollywood geflohen und hat dort Filmmusik geschrieben. Er schrieb das Requiem in Andenken an seinen Vater und die Opfer des Holocausts in Europa. Der Chor wird das Werk in Hebräisch singen.

Das klingt nach einem sehr traurigen Konzert, ist es das?

Becker-Fehling: Nein, es ist sicherlich kein fröhliches Frühjahrskonzert, aber zum Beispiel beim Requiem Ebraico hat Zeisl in Anlehnung an die jüdische Tradition mit dem Psalm 92 einen Text voll des Lobes und Trosts, nicht der Trauer gewählt.

Wer rezitiert?

Becker-Fehling: Wir haben lyrische Texte ausgewählt, die sich thematisch auf das Konzert beziehen. Ich hätte gerne Eva Spott, die Schauspielerin am Stadttheater, engagiert. An dem Abend wird aber auch die Orestie gezeigt, wofür alle Frauen des Ensembles auf der Bühne stehen. Sie hat mir dann eine Kollegin vom Theater Düsseldorf empfohlen, Petra Kuhles.

Sie wollen Flüchtlinge einladen. Wie haben Sie sich das vorgestellt?

Becker-Fehling: Wir haben an 25 Flüchtlinge gedacht. Schon vor den Ferien habe ich überlegt, wie man den Menschen eine Möglichkeit geben kann, mit dem kulturellen Leben in Kontakt zu kommen. Wir sprechen immer von einer Willkommenskultur, diese muss auch durchgeführt werden. Wir haben die Flüchtlingsagentur der Diakonie angesprochen und den Flüchtlingsseelsorger des Bistums Aachen. Wichtig ist mir, dass sich sowohl Männer als auch Frauen dafür finden. Vielleicht werden wir das Konzept auch beibehalten.

Wer finanziert das?

Becker-Fehling: Durch die Einladung der Flüchtlinge entstehen dem Chor keine zusätzlichen Kosten. Konzertkosten werden durch Eintrittsgelder, Spenden und Zuschüsse gedeckt. Die Mitgliedsbeiträge decken nur die laufenden Kosten. Dieses Konzert wird auch vom Kulturbüro der Stadt Krefeld gefördert.

Werden Ihre Konzerte oft gefördert?

Becker-Fehling: In diesem Jahr haben wir seit langer Zeit wieder eine Förderung durch das Kulturbüro erhalten. Darüber hinaus werden wir gefördert vom Chorverband und gelegentlich vom Landesmusikrat. Die hohen Kosten eines Konzerts werden davon allerdings nicht gedeckt, da Honorare für Sänger und Musiker und Chorleiter anfallen, die alle Profis sind. Mieten für die Konzerträume fallen ebenfalls an. Konzerte sind immer ein finanzieller Kraftakt für einen Chor.

Reichen die Förderungen denn aus?

Becker-Fehling: Die finanzielle Grundlage sind immer die Eintrittsgelder. Doch selbst bei der Zuwendung von Fördermitteln ist ein Konzert oftmals nicht finanzierbar. Bei Chorwerken mit Orchester ist es fast unmöglich. Daher sind wir immer auf zusätzliche Spenden angewiesen. Durch A-cappella-Konzerte , bei denen nur Miete und Chorleiterhonorar anfallen, erwirtschaften wir auch schon mal einen Gewinn, der ebenfalls zur Finanzierung eingesetzt wird. Die Anzahl der Zuhörer ist also von entscheidender Bedeutung.

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