Kabarettist Matthias Reuter: Ein feinsinniger Sprachkünstler

Matthias Reuter überzeugt mit lyrischen Texten, Liedern und virtuosem Klavierspiel im Glasfoyer des Theaters.

Kabarettist Matthias Reuter: Ein feinsinniger Sprachkünstler
Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Sein Humor ist fein und leise. Unverkrampft greift Matthias Reuter Themen von der Straße auf und verarbeitet sie mit Hilfe lyrischer Texte zu Blues oder Balladen, unterstützt von seinem virtuosen Klavierspiel. Dass der Oberhausener Kabarettist und studierte Germanist an Poetry-Slam-Veranstaltungen teilgenommen hat, überrascht nicht. Seine Texte sind die eines feinsinnigen Sprachkünstlers, entbehren aber nicht einer gewissen Ironie.

„Die Menschen sind ‘ne Krisenherde“, lautet sein Programm in der Podio-Reihe „Statt Theater“ im Glasfoyer. Während Kühe still auf der Wiese ständen, mache sich der Mensch gerne laut bemerkbar. Und gerate deshalb auch schnell in Konflikte und Krisen bis hin zu Hass und Streit. Menschen kriegen sich immer in die Haare, Schafe jedoch nie in die Wolle, stellt er fest.

Friedlich seien Menschen eigentlich nur, wenn sie nach gewonnenen Fußballspielen einer Welt- oder Europameisterschaft einträchtig hupend durch die Stadt fahren. Wer allerdings an einer auf Grün umspringenden Ampel nicht sofort losfahre, löse ein aggressives Hupkonzert des Hintermannes aus. „Ich bleibe manchmal drei Ampelschaltungen stehen, um Aggressionen dieser Art auszulösen“, verrät Reuter.

Interessant findet er vor allem das Gruppenverhalten. „Nehmen wir einmal an, einer im Saal ist saudoof. Das könnten wir mit Schwarmintelligenz ausgleichen, ohne zu wissen, wer der eine ist“, sagt er. Darunter versteht er eine Art kollektive Intelligenz, die sich zum Beispiel im Rudelverhalten widerspiegelt. Als Szenario malt er aus, was passiert, wenn ein hasserfüllter alter Mann am Montag den Müll rausstellt, obwohl der erst am Freitag abgeholt wird, und genüsslich beobachtet, wie die Nachbarn es ihm gleichtun.

Hass sei halt auch etwas Geselliges, weil man dazu mindestens eine weitere Person brauche, sagt Reuter und wählt eine Ballade zum Thema.

Hass sei auch schon bei Kleinkindern zu erleben. „Ich hasse Euch alle“, tobt der vierjährige Norman auf der Fahrt im Bus mit Mutter und Schwester am Muttertag auf der Fahrt zur Oma. Auch hierzu gibt es die passende Musikeinlage, ebenso wie den Blues Boogie für den Opa, der einst in der APO aktiv war und heute den Ton in der Pflege-WG angibt. Reuter hat einen sicheren Blick für die kleinen Tragödien des Alltags, politisch ist er eher nicht. Nur einmal macht er einen Abstecher zu Hannelore Kraft, die genauso wenig rechnen könne wie er, weshalb ihr eine Karriere als Bundespräsidentin zu empfehlen sei. Da müsse man auch nicht rechnen können.

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