Serie Wie man seinen Verein besser sichtbar machen kann

Düsseldorf · Viele engagierte Bürger geben im Ehrenamt ihr Bestes, um ihren Klub lebendig zu halten und nach vorne zu bringen. Wer wachsen will, muss eine moderne Strategie verfolgen. Wir geben Tipps. Folge 6: Vereins-PR.

 Claudia Seidensticker (r.), Gründerin des Vereins, bei einer Aktion von Krass.

Claudia Seidensticker (r.), Gründerin des Vereins, bei einer Aktion von Krass.

Foto: Verein Krass

Es lässt sich kaum ein Verein finden, der nicht einen für die Presse zuständigen Vizepräsidenten (VP) hat. Andere zeigen sich schon breiter aufgestellt und setzen einen VP PR, also für Public Relations/Öffentlichkeitsarbeit in Amt und Würden. Letztendlich geht es in der heutigen Auffassung nicht isoliert um die Presse, sondern um die gesamte relevante Öffentlichkeit. Man bemüht sich um neue Mitglieder, Sponsoren und andere dem Vereinszweck zugeneigte Menschen und Institution. Genaugenommen dreht sich dieser Bereich um eine positive Sichtbarkeit. Wer nicht wahrgenommen wird, existiert nicht.

Um wirklich sichtbar zu werden, muss man rudern wie auf einer Galeere. Hoch im Takt und der Kompass zeigt immer in dieselbe Richtung des Vereinszwecks und der Kernbotschaften. Niemand wird dabei wirklich an der digitalen Welt vorbeikommen. Man beginnt zunächst damit, alle Plattformen zu bestücken, die für den Verein in Frage kommen. Da drängt sich meetup.com für alle offenen Vereinstreffen wie auch alle Vereinsfeste gerade zu auf. Auch jeder Veranstaltungskalender kann helfen.

Facebook & Co verlangen schon mehr Inhalte und Pflege. Für die große Außenwirksamkeit scheinen jedoch bei einem lokalen Verein ein paar Fotos, Berichte und Kommentare kaum Sogwirkung hervorzurufen. Auf Facebook-Vereinsseiten verliert man sich nicht vor Begeisterung. Diese Art von Öffentlichkeitsarbeit spiegelt selten kraftvoll das eigene Anliegen, den Zweck, die gesellschaftliche Bedeutung und die substanzvolle Haltung des Vereins mit Breitenwirkung wieder. Und ist doch ein Signalsystem. Mit Schwachstrom.

Bedeutsam für jeden Verein ist eine Webseite. Technisch gesehen „dynamisch“, so dass sie auf dem Smartphone, dem Tablet und dem PC gleichermaßen funktioniert. Hinter Vereinsseiten lassen sich drei unterschiedliche Philosophien erkennen. Zum einen verweigert man eine Seite. Diese Vereine werden sich auf Dauer schwer tun, Nachwuchs außerhalb des Mitgliederkreises zu gewinnen. Zum anderen wird nicht mehr gesagt, als in einem kleinen Flyer auch stehen würde - garniert mit ein paar Bildern und der Vereinsadresse. Hauptsache man muss es nichts ändern, wird aber wenigstens gefunden.  Doch eine veraltete, optisch hässliche und inhaltlich schmalbrüstige Seite verliert mehr Menschen, als sie zu gewinnen versteht. Je ortsnäher Vereine mit gleichem Zweck arbeiten, desto deutlicher wird dieses Manko. Mitglieder-Abschreckungsseiten.

 Autor Malte W. Wilkes ist unter anderem Business-Redner.

Autor Malte W. Wilkes ist unter anderem Business-Redner.

Foto: Wilkes

Zum Dritten finden wir aber schöne Webkonzepte, die Menschen mit viel Herzblut gewinnen wollen. Sie verplempern die Zeit des Neugierigen nicht mit einer überflüssigen Willkommensseite, mit der allgemeinen Geschichte zum Beispiel des Skat oder dass man den Mitgliederbeitrag auch per Karte bezahlen kann. Sie verlinken auch nicht den Suchenden ins Nirwana von „was noch interessant sein könnte“. Der Neugierige will den Verein zunächst spüren: Seine Kompetenz, Kreativität, Intelligenz und seinen Zweck. Kommen Sie also nicht jetzt zuerst bereits um eine Spende nach.

Zeigen Sie dagegen einige Kernpunkte: Was ist Ihre Aufgabe? Welchen Mangel und welche „Not“  lindert der Club?: „Ich kann nicht tanzen“ oder „Ich suche einen Boule-Spielpartner“?   Der Kunde will den Verein durch seine Mitglieder kennenlernen. Einige kleine 90-Sekunden-Videos als Bewegtbild sind dabei besonders hilfreich. Doch erzählen Sie nicht, warum Sie im Klub sind, sondern, warum der Suchende kommen sollte. Die aktuellen Präsidiumsmitglieder sollte man mit Bild und Aufgabenstellung vorstellen. Gut fotografiert ist halb gewonnen. Urlaubsfotos haben auch hier nichts zu suchen.

Wann kann man kommen, wie teuer ist das Ganze und ist das Schnuppern kostenlos? Mit einer Schnell-E-Mail kann man sich als Gast anmelden und bekommt auch ein Feedback. Ehne, meene muh – eine Woche gewartet und raus bist Du. Nie vergessen: Es handelt sich um einen Gast, und Gäste behandelt man zuvorkommend, höflich und umsorgend. Letztendlich will das potentielle Mitglied sofort verstehen, wer Sie sind, wofür der Verein steht, was ihn unterscheidet und attraktiv macht– man nennt das Positionierung. Wer seine Seiten inhaltlich und optisch pflegt, wird auch jedes Jahr etwas zusätzlich Spannendes hineinstecken. So, wie man seine Wohnung öfter renoviert und Möbel austauscht. Wer erfolgreich Vereinspressearbeit machen will, muss sich in einer ersten Überlegung klar werden, wie seine Kunden, nämlich Journalisten denken. Zunächst prüfen diese, ob in der Pressemitteilung überhaupt ein Nachrichtenwert für ihre Leser enthalten ist. Hilfreiche Eigenschaften: aktuell („Verein für Politik diskutiert über Brexit“), überraschend („Taubenzüchterverein fordert radikale Eindämmung der wilden Stadttauben“) oder leicht vermittelbar – und damit sind alle Fachaufsätze raus.

Auch für den Verein Krass, der sich dafür einsetzt, Kinder aus finanziell schwächeren Familien den Zugang zu Kunst und kultureller Bildung zu ermöglichen, ist Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sehr wichtig. Für Gründerin Claudia Seidensticker geht es darum, von potenziellen Sponsoren gesehen zu werden und langjährigen Unterstützern einen Beweis erfolgreicher Arbeit zu liefern. Und Erfolg bedeutet in diesem Fall: Viele Kinder mit Kunst und Kultur in Kontakt zu bringen, ihnen Aufmerksamkeit zu schenken und ihr Selbstbewusstsein zu stärken.

2009 gründete die bildende Künstlerin den Verein, der seitdem mit rund 50 Programmen mehr als 14500 Kinder allein in Düsseldorf erreichte. Das Team von Krass kommt mit dem mobilen Atelier auf Spielplätze und lässt die Kinder mit Pinsel und Farben experimentieren, in Förderschulen werden Theater- und Tanzprojekte durchgeführt, Kinder aus Flüchtlingsunterkünften lernen erstmals ein Museum von innen kennen – die Programme und Projekte von Krass sind vielfältig. „Viele Familien können sich eine Musikschule oder den Ballettunterricht nicht leisten“, erläutert Claudia Seidensticker. Auch dann springt der Verein ein. 27 Kinder haben ein Stipendium erhalten, das ihnen ein künstlerisches Hobby finanziert, und zwar so lange, bis sie selbst das Interesse verlieren.

Um das finanziell stemmen zu können, braucht es neben Fördergeld von Land und Bund Sponsoren. Um das Spendenaufkommen zu erhöhen, ging das Krass-Team 2017 strategisch vor: „Wir haben mit 15 Vereinsmitgliedern, darunter Texter, Grafiker und Marketingexperten einen Redaktionsplan erarbeitet“, sagt Claudia Seidensticker. Die Homepage wurde überarbeitet und gepflegt, Medien wurden über Neuigkeiten und besondere Projekte informiert und soziale Netzwerke bespielt. Die Strategie ging auf: Am Ende des Jahres wurden 30 Prozent mehr Spenden von Unternehmen generiert als im Jahr zuvor.

Mittlerweile ist Krass in zwölf Städten vertreten, darunter auch in Wuppertal, Neuss, Hamburg und Trier. „Künstler haben von den Aktivitäten in Düsseldorf gehört und kamen auf mich zu, um sich dem Verein anzuschließen“, sagt Seidensticker. Auch das sei ein Beweis guter Öffentlichkeitsarbeit.

Fazit: Versteh die Aufgabe der Öffentlichkeitsarbeit als Management der Sichtbarkeit. Reduziere die Aufgabe nicht auf die Meldung zum Tagesgeschäft. Entwickel‘ gezielt Ereignisse und nutze diese. Suche aus hunderten von Perspektiven zu dem Vereinszweck und -geschehen voller Kreativitätslust immer wieder neue. Sei ein Themen-Trüffelschwein. Und kein Krümel unterm Pressetisch. News to use.

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