Forschung Studie: Wer eine Zweitsprache lernt, wird geistig fitter

Düsseldorf · Wer eine zusätzliche Sprache erlernt, dessen Gehirnvolumen legt zu. Düsseldorfer Wissenschaftler sind an einer Studie beteiligt, die das belegt.

 Svenja Caspers von der Heine-Uni hat an der Studie mitgeforscht.

Svenja Caspers von der Heine-Uni hat an der Studie mitgeforscht.

Foto: ja/Forschungszentrum Jülich / Sascha Kreklau

Wer eine zusätzliche Sprache intensiv erlernt, legt an Gehirnvolumen zu. Der Effekt ist besonders zu Beginn des Lernprozesses zu beobachten. Wissenschaftler aus Jülich, Düsseldorf und Aachen haben im Rahmen der „1000-Gehirne-Studie“ erforscht, wie sich die Gehirnregionen im Alter verändern. Die Ergebnisse sind in der Zeitschrift „Neurobiology of Aging“ erschienen und könnten erklären, wieso Mehrsprachler im Alter oftmals länger geistig fit bleiben.

Die Studie umfasste 224 Menschen, die nur eine Sprache sprechen und 175 Personen, die zwei Sprachen fließend beherrschen. „Unser Augenmerk lag auf zwei bestimmten Regionen in der linken Gehirnhälfte, die unter anderem für ihre Rollen in der Sprachverarbeitung bekannt sind“, erklärt Stefan Heim vom Jülicher Institut für Neurowissenschaften und Medizin und Professor an der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der Uniklinik RWTH Aachen.

Konkret untersuchte das interdisziplinäre Forscherteam aus Medizinern, Psychologen, Linguisten und Logopäden per Magnetresonanztomographie, wie ausgeprägt das Volumen der grauen Substanz im hinteren unteren Teil des linken Stirnlappens und im unteren linken Scheitellappen ist. „Diese beiden Gehirnregionen sind zum Beispiel für das Sprachverstehen und die Sprachproduktion wichtig“, erläutert Stefan Heim, der auch die RWTH-Studiengänge für Logopädie leitet.  Die Forscher konnten nun belegen, dass die graue Substanz der beiden Regionen, beim Erwerb einer zweiten Sprache in jungen Jahren zunächst ein deutlich höheres Volumen hat. Die graue Substanz ist reich an Nervenzellkörpern.

„Ein Zuwachs an grauer Substanz geht nach unserer Erfahrung mit einem Zuwachs der kognitiven Reserve einher – also einer besseren geistigen Leistungsfähigkeit und Flexibilität“, sagt Stefan Heim. Der Überschuss an grauer Substanz wandelt sich mit der Zeit, je fester die neue Sprache „sitzt“, in eine engere Vernetzung der Areale und stärker ausgeprägte Kommunikationsleitungen in der weißen Substanz um“, ergänzt er. Dies könnte erklären, wieso Mehrsprachler im Alter oftmals länger geistig fit bleiben.

Svenja Caspers, Direktorin des Instituts für Anatomie I der Universität Düsseldorf und Leiterin der Arbeitsgruppe Konnektivität und der 1000-Gehirne-Studie am Jülicher Institut für Neurowissenschaften und Medizin, sagt: „Nachdem wir nun wissen, wie sich die graue Substanz in den beiden Sprachregionen bei Mehr- und Einsprachlern strukturell verändert, möchten wir in einer Folgestudie herausfinden, wie sich die funktionelle „Verkabelung“ – also die Konnektivität - der beiden Sprachregionen bei Mehrsprachlern und Einsprachlern im Alter darstellt. Uns interessiert, wie genau sie interagieren und wie sich dies über die Lebenszeit wandelt.“ Eine weitere spannende Frage sei, ob das Erlernen einer zweiten oder dritten Sprache mit Eintritt in das Rentenalter einen Vorteil für die geistige Leistungsfähigkeit bringt.

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