Jazz-Akrobatin an der Orgel

Jazz-Pianistin Barbara Dennerlein zeigte ihr Können – die Orgel ließ sie einmal im Stich.

Düsseldorf. Sie ist eine weltweit anerkannte Jazz-Pianistin, Gast auf allen großen Jazz-Festivals, zu Hause in den berühmten Clubs von New York, London und Tokio, dazu bildschön und blitzgescheit. Einen Konzertabend mit ihr in der Bilker Friedenskirche zu erleben, war sicher eines der Highlights des 4. Internationalen Düsseldorfer Orgelfestivals.

Die legendäre Hammond B3 Orgel ist ihr musikalischer Hafen. Schon als Elfjährige bekam sie ihre erste Heimorgel. Das Instrument ließ sie nicht mehr los. Sie erzählt an ihren Konzertabenden faszinierende Geschichten über die Entstehung und Weiterentwicklung der oft verkannten Hammondorgel, auch wie sie sich ihren Platz neben der klassischen Orgel erkämpfen musste. Sie selbst spielt seit 1994 auf beiden Instrumenten.

Der Düsseldorfer Abend war der Begegnung zweier so unterschiedlicher Stilgattungen gewidmet: Hammond meets Churchorgan. In ihrer ersten Komposition "Yes or No" tastet sich Dennerlein vorsichtig an die Möglichkeiten der aus den 50er Jahren stammenden Beckerath Orgel heran.

Mit ihren 2.600 Pfeifen ist sie nicht leicht zum Swingen zu bringen. Ein wenig im Stile Messiaens setzt sie flimmernde Vogelstimmen gegen dunkles Gedröhn im Bass. Allmählich nähern sich die Zonen an. Sie ist eine Pedalkünstlerin ersten Ranges. Ihr linker Fuß ist oft schneller als die rechte Hand manches Pianisten.

Auf einem großen Screen konnte man ihre Bewegungen genau verfolgen. So rückte die große Orgel ganz nahe an das Publikum heran. Man sah jede Fingerbewegung, sah die Füße, die auf den Pedalen zu tanzen schienen wie Fred Astaire auf einem Parkettboden, sah, wie sie sich das Instrument langsam zu eigen machte, bis es Wachs in ihren Händen wurde. Es gelang tatsächlich. Die Orgel fing an zu swingen.

In Düsseldorf stellte sie ihren Titel "Change of Pace" als Orgelfassung vor und zeigte, dass die Königin der Instrumente keine Schwierigkeiten hat, alle Höhen und Tiefen klanglicher Innigkeit und exstatischer Ausbrüche auszudrücken. Bei dem Versuch, die "New York Impressions" umzusetzen, streikte die Orgel.

Ein Ventil klemmte. Barbara Dennerlein behielt Ruhe. Während der Kantor in die Orgel kletterte, erzählte sie Anekdoten. Sehr professionell improvisierte sie zornige Klasterfolgen. Aber es half nichts. Der erzwungene Übergang zur Hammondorgel wirkte wie eine Befreiung. Mit "Precious Moments" gewöhnte sie die Zuhörer behutsam an die andere Klangwelt.

Mit ihrem "Organ Boogie" und dem "Rumpelstilz Bossa" zeigte sie, was ihren Weltruhm begründet hat. Ihre Fingerfertigkeit, die raffinierten Taktwechsel, die klangliche Finesse machen sie unverwechselbar. Als sie dann noch in der Zugabe ihren "Long Way Blues" aus den Tasten kitzelte, verstand man, warum die Amerikaner ihr zu Füßen liegen.

Das Festival-Programm gibt’s im Netz:

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