Opernhaus: Alles auf Anfang beim Ballett

Choreograf Martin Schläpfer steht mit seinem ersten Programm „b.01“ in den Startlöchern.

Düsseldorf. Atemlos sprintet Martin Schläpfer durch die Sitzreihen des Opernsaals und erneut hinauf auf die Bühne zu den Tänzern. Mit ausschweifenden Armbewegungen demonstriertder Choreograf die Leidenschaft, die das Stück "Marsch, Walzer, Polka" von ihnen fordert. Mit geballten Fäusten tigert er am Bühnenrand auf und ab, deutet Schritte an, lässt die Arme virtuos kreisen. Die Musik setzt ein. Eine Wiederholung genügt. "Lovely", lobt Schläpfer und wischt sich den Schweiß von der Stirn.

"Tanz und Theater müssen es immer wagen, nach vorne zu gehen. Sie müssen fordern", sagt Martin Schläpfer. Wenn sie es nicht tun, haben sie keinen Grund mehr zu sein." Mit seinem ersten Ballett-Programm "b.01" will er dem Düsseldorfer Opernhaus-Publikum diese Auffassung vermitteln. "b.01" bedeutet für das Ballett der Rheinoper "Alles auf Anfang" - mit einem neuen Choreografen, dem Nachfolger von Youri Vàmos.

Zehn Jahre leitete der Schweizer Martin Schläpfer das Ballett-Ensemble am Mainzer Staatstheater, davor war er fünf Jahre Ballettchef in Bern. Nun der Wechsel an den Rhein. Eine große Veränderung, die laut Schläpfer an der Zeit war. "Das neue Stück am neuen Haus ist auch ein Versuch, dort weiterzumachen, wo meine letzten Arbeiten aufgehört haben."

Das Programm besteht aus drei Stücken und zeigt musikalisch kraftvolle Gegensätze auf: "Marsch, Walzer, Polka" spielt mit den feinen Wiener Klangwelten der Strauß-Familie, die "Frank Bridge Variations" von Choreograf Hans van Manen treffen den spätromantischen Tonfall von Benjamin Britten, und die dritte Sinfonie von Witold Lutoslawski gilt als herausforderndes Stück voller eruptiver Ausbrüche und feinster Klangschattierungen.

Das Ensemble zählt nun 48 Tänzer, 20 hat Schläpfer aus Mainz mitgebracht. Bei den Proben wird deutlich, wie weit Choreograf und Ensemble bereits zusammengerückt sind. Zusammenwachsen müssen sie noch. "Es ist für uns alle eine sehr energie-raubende Zeit", sagt Schläpfer. Es gebe viel Redebedarf.

Mit Lutoslawski unterstellt Schläpfer dem Düsseldorfer Publikum den Wunsch nach neuen Komponisten, will jedoch nicht polarisieren. Es ist eine Uraufführung, die nicht nur den Tänzern, sondern auch dem Orchester einiges abverlangt. Zwischen den durchkomponierten Eckpfeilern stellt die dritte Sinfonie dem einzelnen Streicher das individuelle Tempo frei. "Das Timing auszuloten ist eine Herausforderung. Tänzer und Musiker müssen aufeinander achten", erklärt Dirigent Christoph Altstaedt. "Das Stück bietet uns die Freiheit, jeden Abend anders zu klingen."

Für Altstaedt ist das Ballett-Programm unter Martin Schläpfer gleich in dreifacher Hinsicht eine Premiere: Zum ersten Mal dirigiert er am Rhein, begleitet ein Ballett-Ensemble und arbeitet mit Martin Schläpfer zusammen.

Ein großes Ensemble, ein Doppelhaus mit angesetzten vier bis fünf Premieren im Jahr - der Erfolgsdruck ist enorm. "Es ist alles anders. Und das ist auch gut so. Das Schwierige am Doppelhaus Düsseldorf/Duisburg ist gleichzeitig das Schöne. Jede Produktion wird getauscht, damit bleiben die Stücke länger aktuell."

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