Spannende Uraufführung eines Kinderstücks Auflehnung gegen die Monotonie

Düsseldorf · In der Kulturkirche Kaiserswerth wurde „Der Mann, der eine Blume sein wollte“ uraufgeführt. Ein buntes Stück für zwei Personen mit Natalie Hanslik und Jonathan Gyles für die kleinsten Zuschauer – als mobile Produktion angelegt.

 Natalie Hanslik in einer Szene der Aufführung. Die kleinen Zuschauer fieberten gespannt mit.

Natalie Hanslik in einer Szene der Aufführung. Die kleinen Zuschauer fieberten gespannt mit.

Foto: D. Baltzer/David Baltzer

Die Welt des Straßenfegers ist grau, sein Alltag gleichförmig und öde. Von seinen Sehnsüchten ahnt er nichts, sie bleiben ausgesperrt. Bis unversehens eine Ranke aus bunten Blumen in seine Tristesse einbricht. Erst staunt er nur, doch schon bald verspürt er einen Wunsch und erkennt: „Mir reicht das nicht mehr. Ich will auf einer Wiese stehen und eine helle Farbe darin sein.“ Eine gelbe Butterblume im Wind vielleicht, eine hochgewachsene rote Mohnblume mit Blättern wie aus Seide? Ihm wäre alles lieb.

Am allerliebsten aber möchte er eine Frau sein, dann könnte er nach Herzenslust bunte Kleider tragen, die Röcke schwingen lassen und sich Blüten ins Haar stecken. Nur müsste man sich das alles erstmal trauen. Was würden bloß die Leute sagen? Allerdings: Ist der Keim erstmal gesät, kann ihn nichts mehr zurückdrängen. Er will ans Licht.

Aus dem Kinderbuch „Der Mann, der eine Blume sein wollte“ von Anja Tuckermann formte das Junge Schauspiel das gleichnamige Theaterstück, das nun in der Kulturkirche Kaiserswerth uraufgeführt wurde – in Anwesenheit der Berliner Autorin. Sie sei sehr neugierig, sagte sie vor der Premiere. Und danach: „Es ist wunderbar, wie das Team und die Schauspieler aus meiner Geschichte ihre eigene gemacht haben.“

Auch sei es eine Freude für sie gewesen, die kleinen Zuschauer aus dem Kinderhaus Kaiserswerth zu erleben. Gebannt saßen sie auf dem Boden und gingen lebhaft mit. Als der schlafende Mann nicht sofort auf seinen piepsenden Wecker reagierte, rief ein Mädchen: „Aufstehen!“, ein anderes, bereits merklich ungeduldig: „Es ist schon Morgen!“ Und als er die Haustür aufmachte und es draußen brauste, erklärte ein Junge sachverständig: „Das sollte der Wind sein.“

Natalie Hanslik spielt in dem Zwei-Personen-Stück mit einem enormen pantomimischen Einsatz den Straßenfeger. Jonathan Gyles schlüpft in vielerlei Rollen. Er ist der um keinen Schabernack verlegene Spaßvogel, der mürrische Chef, der beseelte Blumenbote – und sogar der Geräuschemacher. Fabelhaft, wie der Schauspieler die Musik von Johan Leenders durch passende Laute untermalt, wie er schnalzt, pfeift, wispert und damit kongenial Natalie Hansliks Gesten begleitet.

Dadurch wird jeder Vorgang erhellt, wirkt plastisch und nachvollziehbar: Der Mann kommt nach der Arbeit heim in seine graue Wohnung, streift ächzend seine Schuhe und die schwere Kluft ab, verzehrt das Abendessen, spült das Geschirr, zappt sich lustlos durchs Fernsehprogramm, putzt die Zähne und kriecht müde unter die Bettdecke.

Aber plötzlich blüht es wie von Zauberhand, wohin er auch schaut. Das Grau weicht leuchtenden Farben, seine Welt wird bunt. Und damit blüht auch der Straßenfeger auf. Nie wieder will er sein altes Leben zurück. Das neue ist so viel schöner, selbst das Tosen und Quietschen der Autos wird durch Vogelgezwitscher übertönt. Der Mann ist glücklich, weil er den Mut hat, sich aufzulehnen gegen die Monotonie. Und dadurch frei wird. Was ihm jetzt noch fehlt zu seiner Seligkeit, ist eine rote Tulpe, die mit ihm geht. Wäre doch gelacht, wenn ihm dieser Wunsch nicht auch erfüllt würde. Am Ende springen die Kinder auf und klatschen ausdauernd. Dramaturg David Benjamin Brückel, Regisseur Fabian Rosonsky und Paulina Barreiro (Bühne und Kostüme) haben ein poetisches, bezauberndes und federleichtes Gesamtkunstwerk geschaffen.

Das Stück wird für Zuschauer
ab vier Jahren empfohlen

Empfohlen wird „Der Mann, der eine Blume sein wollte“ für junge Zuschauer ab vier Jahren. Das Besondere an diesem Stück: Es ist als mobile Produktion angelegt, die überall aufgeführt wird, wohin man sie einlädt. „Wir brauchen dazu etwas Platz, aber nicht einmal eine richtige Bühne“, sagt Stefan Fischer-Fels, der Leiter des Jungen Schauspiels: „Alles Nötige bis hin zur Beleuchtung bringen wir in einem Transporter mit.“ Damit komme man jenen entgegen, die sich noch nicht mit einer Gruppe ins Theater trauen. Bei Kitas und Stadtteileinrichtungen sei die Nachfrage bereits groß, sagt er. Für ältere Kinder soll im November „Der Schimmelreiter“ auf gleiche Weise umgesetzt werden.

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