Schulserie : Pauken, experimentieren und in der Karibik Erfahrungen sammeln
Düsseldorf In unserer Serie stellen wir die Schulen der Stadt vor. Dieses Mal: das Heinrich-Hertz-Berufskolleg. Am Ende des Jahres wählt eine Jury die Träger des WZ-Schulpreises, den Stadtwerke und WZ vergeben.
Marius träufelt Alkohol in den Scheidetrichter. Salzsäure kommt hinzu. Gespannt wartet er ab, ob sich das Gemisch verändert. Dass Marius in dem voll ausgestatteten Labor seine Versuche durchführen kann, empfindet er als großes Glück. „Wenn ich hier fertig bin, dann habe ich nicht nur eine Ausbildung zum chemisch-technischen Assistenten, sondern auch mein Abitur. Und damit stehen mir alle Türen offen“, schwärmt er.
Die Affinität für Chemie und Biologie erkannte Marius schon an der Realschule, am Heinrich-Hertz-Berufskolleg habe er die Schwerpunkte beibehalten können. „Es ist genau das, was ich immer machen wollte“, sagt er. „Die Lehrer sind super drauf, die Ausstattung ist top.“ 2021 wird Marius sein Abi am Kolleg machen, im Anschluss folgt die Berufsabschlussprüfung. Mit dem Abschluss kann er direkt auf Jobsuche gehen oder sich an Unis bewerben. „Ich möchte Medizin oder Pharmazie studieren“, sagt er. Das chemische Hintergrundwissen, das er in den dreieinviertel Jahren am Kolleg gesammelt habe, sei die beste Voraussetzung, um solch ein Studium zu meistern.
Das technische Heinrich-Hertz-Berufskolleg mit den Schwerpunkten Chemie, Elektrotechnik und Informationstechnik bietet alle Schulabschlüsse vom Hauptschulabschluss nach Klasse 9 bis zum Abitur, 14 verschiedene Berufsabschlüsse und 24 Bildungsgänge an. Seit knapp drei Jahren leitet Michael Suermann das Kolleg. Bevor er zum Lehramt kam, trat er in die Fußstapfen seines Vaters und machte eine Ausbildung zum Schlosser. „Ich kenne also das Berufskolleg sowohl aus Schüler- als auch aus Lehrersicht“, sagt er. Für ihn ist das Berufskolleg weit mehr als nur eine Weiterbildungseinrichtung. „Nur in dieser Schulform ist es für jeden Schüler zu jedem Zeitpunkt möglich, noch mal durchzustarten. Auch wenn er vielleicht in der Vergangenheit nicht so viel Lust auf Schule hatte.“
Auch Ingrid Brockmann-Wächter, Suermanns Stellvertreterin, bringt Erfahrung aus dem Berufsleben mit. Sie hat 15 Jahre in der IT gearbeitet, bis sie 2001 als Lehrerin an die Redinghovenstraße kam. Sie hat die Entwicklung in den vergangenen Jahren aufmerksam beobachtet. Wie die Digitalisierung weiter vorangeschritten ist, die Ausstattung der Lehrräume und Labore modernisiert wurde. Mit der Fertigstellung des 17,6 Euro teuren Erweiterungsbaus vor einem Jahr wurden zuletzt 26 Unterrichts- und 14 Laborräumen geschaffen, die technisch auf dem allerneuesten Stand sind und mit der Ausstattung großer Chemiekonzerne locker mithalten können.
In einem dieser Labore arbeiten Nermin und Lisa, zwei angehende chemisch-technische-Assistentinnen. Inmitten von hochmodernen Geräten für Instrumentelle Analytik, die das Herz von Lehrer Jürgen Mateis immer noch höher schlagen lassen, entnehmen sie konzentriert eine Probe Mineralwasser, um dessen Bestandteile zu bestimmen. Die Berufsausbildung zur chemisch-technischen Assistentin umfasst klassische analytische Verfahren, Synthesemethoden, Methoden der Biochemie sowie der Instrumentellen Analytik in Theorie und Praxis. Die Auszubildenden lernen physikalische Mess- und Prüfverfahren, Methoden der Datenauswertung und Richtlinien der Arbeitssicherheit und des Umweltschutzes kennen. Bald steht ein achtwöchiges Praktikum an. Sowohl Nermin als auch Lisa haben einen Platz in einer Apotheke bekommen – laut Mateis für die meisten Schüler eher eine Notlösung. „Da hat man sich wohl zu spät um einen Platz gekümmert“, neckt er. Praktika bei Firmen wie Henkel, BASF oder Bayer seien eher gefragt. „Diese Plätze sind begehrt, da herrscht unter den Schülern Konkurrenz“, sagt Mateis.