Tier macht Sachen Der Biber erobert NRW - BUND: „biologische Vielfalt explodiert“

Düsseldorf · Bis ins Mittelalter war der Biber weit verbreitet. Dann wurde er fast ausgerottet. Seine Wiederansiedlung in NRW hat dazu geführt, dass der Bestand deutlich zunimmt - was mancherorts zu Konflikten führen kann.

 Ein Biber knabbert die Rinde von Weidenästen ab.

Ein Biber knabbert die Rinde von Weidenästen ab.

Foto: dpa/Patrick Pleul

Er kann bis zu 30 Kilogramm schwer und einen Meter lang werden. Der Biber breitet sich mehr als 100 Jahre nach seiner Ausrottung wieder in den Landschaften des heutigen Nordrhein-Westfalens aus. „Wir reden derzeit über mehr als 1000 Individuen“, teilte das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Landesweit habe es schon 2018 ungefähr 340 Biberreviere gegeben.

Sowohl sein besonders weiches und dichtes braunes Fell als auch sein Fleisch, das per mittelalterlichem Papstedikt auch während der Fastenzeit verspeist werden durfte, waren bei den Menschen begehrt. Im 19. Jahrhundert hatten Jäger die seit 15 Millionen Jahren in Europa heimischen Biber fast schon in ganz Deutschland ausgerottet. 1877 gab es dann die für lange Zeit letzte Bibersichtung im Rheingebiet. Ab 1981 wurden zwölf Biber in der Eifel und ab 2002 weitere 26 im nördlichen Rheinland ausgesetzt.

Nach früheren Angaben der Landesbehörden hatte sich dann der Bestand in NRW in den Jahren 2010 bis 2015 auf rund 750 Biber verdoppelt. Die biologische Station Düren berichtet von der guten Anpassungsfähigkeit der Biber, die entlang der Rur unter anderem Mühlenteiche, Stau- und Baggerseen besiedelten. Die Wiederansiedlung in der Eifel gelang mit Tieren aus einer Zuchtstation in Polen. Bis zum Jahr 2006 hatten Biber demnach nahezu das gesamte Einzugsgebiet der Rur besiedelt – von der Rurquelle in Belgien bis zur Mündung in den Niederlanden.

„Der Biber breitet sich glücklicherweise wieder von allein in Nordrhein-Westfalen aus“, sagte der Landesvorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) NRW, Holger Sticht. Das geschehe an mehreren Stellen und in der Regel über Bäche und Flüsse. Die Ausbreitung der Tiere in NRW erfolge aus Richtung Eifel und dem Niederrhein kommend. So sei er an der Lippe und der Ems eingewandert.

„Der Biber ist so eine Art natürlicher Wasserbauingenieur“, erklärte Sticht. Das Tier sorge mit Dämmen dafür, dass Flächen unter Wasser stehen. „Das führt dazu, dass die biologische Vielfalt regelrecht explodiert.“ Andere Arten profitierten von den Wasserflächen. Dazu gehörten Libellen, die teilweise sogar abhängig vom Biber seien. Zudem schaffe er offene Wiesen, die auch für Insekten wichtig seien.

Auch aus dem Blickwinkel des Klimaschutzes und des Hochwasserschutzes hat der Biber nach Ansicht von Sticht eine wichtige Rolle. Wasser werde durch seine Dämme an vielen Stellen zurückgehalten, statt schnell und gefährlich von den Flächen abzufließen. Zudem könnten sich Moore und Sümpfe entwickeln, die CO2 speichern. „Der Biber macht es kostenfrei und kann es so gut wie kein anderer“, erklärt Sticht.

Allerdings gibt es auch Konflikte mit den Menschen: Schäden tauchen nach Angaben des Landesamtes vermehrt vor allem in dicht besiedelten Bereich der Kreise Düren und Heinsberg sowohl in der Landwirtschaft als auch bei den Wasserverbänden auf. Die Behörde spricht von einer „dynamischen Ausbreitung“ des Bibers in NRW. Deshalb ist auch ein landesweiter „Bibermanagementplan“ vorgesehen, der erarbeitet werde.

Der BUND betont, der Biber sei durch das Artenrecht geschützt. „Man darf nicht nur dem Biber nichts tun. Man darf auch die Bauten des Bibers - ob Damm oder Burg - nicht verändern“, unterstrich Sticht. Nur mit einer Ausnahmegenehmigung dürfe im begründeten Einzelfall eingegriffen werden. So könne etwa ein Drainagerohr auf dem Biberdamm dafür sorgen, dass Wasser nur ab einem gewissen Stand abfließt.

Der Verband Familienbetriebe Land und Forst NRW weist darauf hin, dass der Biber nicht nur Bäume fällt, sondern auch Bäume entrinde. „Er liebt die Pappel“, sagt der Landesvorsitzend des Verbandes, Max Freiherr von Elverfeldt. Je mehr der Biberbestand zunehme, werde er zu einem Problem werden. Der Biber habe keinen natürlichen Feinde. Deshalb sollten Biber - wie andere Wildtiere auch - irgendwann wieder gefangen und getötet werden können, wenn es einen ausreichenden Bestand gebe.

(dpa)
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