Ehrung in der Synagoge Düsseldorf Brückenbauer zu den Ärzten Israels

Düsseldorf · Die Jüdische Gemeinde Düsseldorf ehrt Frank Ulrich Montgomery mit der Josef-Neuberger-Medaille.

 Frank Ulrich Montgomery ist seit Dienstagabend Träger der Josef-Neuberger-Medaille – wie vor ihm unter anderem schon Angela Merkel (CDU), Johannes Rau (SPD), Roman Herzog (CDU) und die Toten Hosen. 

Frank Ulrich Montgomery ist seit Dienstagabend Träger der Josef-Neuberger-Medaille – wie vor ihm unter anderem schon Angela Merkel (CDU), Johannes Rau (SPD), Roman Herzog (CDU) und die Toten Hosen. 

Foto: picture alliance/dpa/Guido Kirchner

Am Ende der Nazizeit hatten die deutschen Ärzte im Vergleich zu anderen wissenschaftlich ausgebildeten Berufen mit 45 Prozent den höchsten Anteil an NSDAP-Mitgliedern. Die SS-Zugehörigkeit lag bei neun Prozent. Die deutsche Ärzteschaft war an der Tötung von mehr als 200 000 psychisch kranken und behinderten Menschen beteiligt, an verbrecherischen Menschenversuchen und Zwangssterilisationen. Es ist der ehemalige Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), der am Dienstagabend in der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf an diese Fakten erinnert – und dabei einen Arzt würdigt, der diese Vergangenheit nicht ruhen lassen will: Frank Ulrich Montgomery.

Der mittlerweile 67-jährige Ärztefunktionär, seit diesem Jahr Vorstandsvorsitzender des Weltärztebundes, erhält an diesem Abend die Josef-Neuberger-Medaille, mit der seit 1991 Menschen oder Institutionen der nichtjüdischen Öffentlichkeit geehrt werden, die sich um die jüdische Gemeinschaft besonders verdient gemacht haben. Die Medaille erinnert an den 1977 verstorbenen früheren NRW-Justizminister Josef Neuberger. Der in Antwerpen geborene Jude war nach der Pogromnacht 1938 nach Palästina emigriert, 1950 aber nach Deutschland zurückgekehrt und in die Politik eingestiegen.

Treffen von Ärztekammer und Israeli Medical Association

Gröhe erinnert daran, wie Montgomery als Präsident der Bundesärztekammer darauf hinarbeitete, dass sich die Ärzteschaft endlich zu ihrer NS-Geschichte bekannte. Zugleich ging auf seine Initiative eine gemeinsame Vorstandssitzung von Bundesärztekammer und Israeli Medical Association zurück. „Diese Begegnung im August 2015 wurde für mich zu einer der bewegendsten Erfahrungen in meiner Ministerzeit“, sagt Gröhe. Israelische Delegationsteilnehmer hätten davon erzählt, ihre Großeltern in der Shoah verloren zu haben. Manchen war es daher nicht leicht gefallen, überhaupt die Einladung nach Deutschland anzunehmen. Inzwischen hat es schon ein weiteres Treffen gegeben, ein drittes ist für 2021 terminiert.

Als „eindrucksvollen Brückenbauer zwischen Ärztinnen und Ärzten in Israel und in Deutschland“ lobt Gröhe den Geehrten. Und nennt in seiner Laudatio noch andere historische Zahlen, die belegen, welche Herausforderung das war: Anfang 1933 waren elf Prozent der Mediziner in Deutschland Juden. die meisten konnten fliehen. Aber bis zum Ende der NS-Diktatur wurden rund 2000 von ihnen ermordet.

In seiner Dankesansprache offenbart Montgomery in der Düsseldorfer Synagoge noch einen persönlichen Antrieb für sein Handeln. Als er 1994 zum ersten Mal zum Präsidenten der Ärztekammer Hamburg gewählt worden war, überreichte ihm sein Vorgänger den Schlüssel für einen „Giftschrank“. Drei Monate später entdeckte Montgomery darin einen Brief mit der Hamburger Liste der jüdischen Ärzte, denen in der NS-Zeit die Approbation entzogen wurde. Montgomery beauftragte eine Historikerin mit der Aufarbeitung – damit fing es an.

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