Der Fußball ist in der Gegenwart angekommen

Thomas Hitzlspergers Bekenntnis wird Folgen haben

Ein Kommentar von Lothar Leuschen.

Ein Kommentar von Lothar Leuschen.

Foto: Michaelis, Judith

Darauf hat die Sportwelt gewartet. Darauf, dass ein Fußballstar sich öffentlich zu seiner Homosexualität bekennt. Wie sehr das Bekenntnis des Thomas Hitzlsperger bewegt, zeigen die Server vieler Zeitungsverlage. Sie brachen am Mittwoch unter der Last der Anfragen zeitweise zusammen.

Es ist, als habe Hitzlsperger ein Ventil geöffnet. Plötzlich ist das Thema Fußballprofi und Homosexualität in aller Munde. Wie lebt es sich als Schwuler in der vermeintlich harten Männerwelt? Welche Strategien sind notwendig, um nicht entdeckt und womöglich zum Gespött der Mannschaftskameraden und der Fußballfans zu werden?

Hitzlsperger gibt Antworten auf Fragen, die wahrscheinlich viele stellen, die sich Woche für Woche von der Faszination dieses Spieles einfangen lassen. Dass er es erst kurz nach dem Ende seiner Karriere tat, zeugt zwar nicht gerade von Mut, könnte aber dennoch dazu führen, dass bald auch ein aktiver Profi seinem Beispiel folgt.

Wenn Hitzlsperger und die anderen homosexuellen Fußballspieler ein bisschen Glück haben, schließt sich an die zunächst aufgeregte Debatte schnell die Erkenntnis an, dass die letzte Männerbastion, der Profifußball, schlicht in der Gegenwart angekommen ist.

Außenminister können homosexuell sein, Bundestagsabgeordnete können schwul sein, Musik- und Schauspielstars sowieso, es gibt sogar einen Berufsboxer, der sich zur gleichgeschlechtlichen Partnerschaft bekannt hat. Und nun gibt es eben auch einen Ex-Kicker.

Aufgabe von Trainern, Mannschaftskameraden und auch von Fußballfans ist es nun, die Realität einfach anzuerkennen. Homosexualität ist kein Lebensentwurf, ist keine Frage von Überzeugung oder Haltung. Homosexualität ist eine Veranlagung. Sie ist bei manchen Menschen vorhanden, bei den meisten nicht. Manchen, besonders im Profifußball, fällt es schwer, damit zu leben.

Aber wenn vor allem die Zigtausend in den Stadien der Bundesligen bereit sind, die Neigung des anderen zu tolerieren, kommt es am Ende auch im Männersport wieder nur darauf an, worauf es letztlich immer ankommt: besser spielen, mehr Tore schießen. Gewinnen. Ob ein Spieler schwul ist oder nicht, ist dem Ball garantiert völlig egal.

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