Historienfilm: DIe Schwester der Königin - Verruchtes Ränkespiel zu Hofe

„Die Schwester der Königin“ präsentiert Geschichte als Hochglanzseifenoper.

Düsseldorf. Weltpolitik wird zwischen den Laken entschieden. Bis ins frühe 20. Jahrhundert heiratete sich der europäische Hochadel zu einer feudalen Großfamilie zusammen. Trotz aller Machtgesteuertheit dieser Vernunftehen darf die Libido als Triebkraft nicht vergessen werden. Heinrich VIII. sagte die anglikanische Kirche vom Einfluss des Vatikans los, nur um eine Mätresse heiraten zu können. Ihr Name: Anne Boleyn, berüchtigt für ihre angebliche Intrigenfertigkeit, bekannt aber vor allem für ihren tragischen Tod auf dem Schafott. Das räudige Ränkespiel, das sie am Hofe entfacht hat, beinhaltet sexuelle Verweigerung, Nebenbuhlerbeseitigung - sogar Inzest soll eine Rolle gespielt haben. Die Britin Philippa Gregory verarbeitete diesen historischen Sündenpfuhl 2002 zu einem Unterhaltungsroman. Sein Titel, "Die Schwester der Königin", deutet an, was bislang eher stiefmütterlich behandelt wurde: die tragende Rolle von Annes Schwester Mary im Kampf um den britischen Thron. Justin Chadwicks Verfilmung reiht sich nahtlos ein in die neue britische Leichtigkeit mit der eigenen Geschichte. Shekhar Kapur hatte im vergangenen Jahr bereits den Mythos weitergesponnen, den er zehn Jahre zuvor mit Cate Blanchett als Elizabeth I., Tochter von Heinrich und Anne, losgetreten hatte. "Die Schwester der Königin" wartet darstellerisch mit ähnlichem Kaliber auf: Scarlett Johansson spielt die naive Mary mit leutseligem Schmollmund, während Natalie Portman ihrer Anne eine verruchte Leichtlebigkeit angedeihen lässt. Die hat sie auch nötig, denn zunächst fällt sie bei Heinrich (Eric Bana) in Ungnaden. Bei der Jagd hat sie einen königlichen Reitunfall provoziert. Anlass der heiteren Hatz war die Vorstellung der beiden Boleyn-Buhlschaften als mögliche Mätressen seiner Majestät, eingefädelt von deren ehrgeizigem Onkel. Über seine Verletzung wenig erfreut, verbannt der Monarch Anne ins Pariser Exil und versucht stattdessen, mit ihrer Schwester einen Stammhalter zu zeugen. Seine Ehefrau Katharina von Aragon ist unfruchtbar. Wie nicht anders zu erwarten, verliebt sich Mary in den groben Charme ihres Königs. Als Anne aus dem Exil zurückkehrt, setzt sie alles daran, das flüchtige Glück ihrer Schwester zu zerstören und Katharina vom Thron zu verjagen. Weitgehend deckt sich die literarische Fiktion mit der überlieferten Historie. Trotzdem wird man als Zuschauer das Gefühl nichts los, Geschichte als Hochglanzseifenoper verkauft zu bekommen. Besonders Heinrich, auf den Gemälden seines Hofmalers Hans Holbein eher ein übersättigt dreinschauender Schmerwanst, kommt mit Bana als drahtiger Gigolo daher. Ästhetik geht vor Glaubwürdigkeit.
(WZ-Wertung: 3 von 5 Sternen)


Daten und Fakten

  • Titel: Die Schwester der Königin
  • Regisseur: Justin Chadwick
  • Darsteller: Natalie Portman, Scarlett Johansson, Eric Bana
  • Genre: Drama
  • Länge: 115 Minuten
  • Verleih: Universal
  • Produktionsort/- jahr: USA 2008
  • Startdatum: 06.03.2008
  • FSK: ab 12 Jahre
  • Internet: www.die-schwester-der-koenigin.de
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