Ken Follett: Der Niedergang des Adels

Der britische Bestseller-Autor Ken Follett setzt mit „Sturz der Titanen“ die Reihe seiner monumentalen Historienromane fort. Dabei setzt er auf den bewährten Mix von Geschichte und Fiktion.

Düsseldorf. Drei Länder, drei Familien, ein Jahrhundert - Ken Follett greift mit seinem Historien-Roman "Sturz der Titanen" in die Vollen. Es geht um nicht weniger als den Sturz Europas in den ersten Weltkrieg und die Folgen. Der Roman erscheint am Dienstag.

Follett wäre nicht Follett, wenn er es bei einer einfachen Geschichtsstunde für jene, die den Krimi-Kick bei Lesen brauchen, bleiben ließe. Er entwirft ein kultur-historisches Gemälde, das nicht an der Oberfläche der politisch Handelnden bleibt, sondern in Brueghelscher Technik auch das Leben der einfachen Menschen porträtiert.

Einfach ist der Einstieg in Folletts 1020-Seiten-Werk dabei nicht. Hat man erst einmal den Grundkurs in walisischer Kohle-Förderung um die Jahrhundertwende absolviert und dabei das Déjà-vu-Erlebnis - dem kleinen Lord (Little Lord Fauntleroy) und seinem Opa, dem Earl of Dorincourt, in der Earl’s Lane begegnet zu sein - überwunden, öffnet sich dem Leser ein Kaleidoskop mit den Mosaik-Steinen, die Europa in den ersten Weltkrieg stürzten.

Die drei Länder sind klar umrissen: England, Russland, Deutschland mit ihren jeweiligen Verbündeten und Pakten. Drei Familien: Hier, wie auf der politischen Ebene, greifen die Erzählstränge ineinander. Die politisch engagierte walisische Bergarbeiterfamilie, deren Tochter im Haushalt von Earl Fitzherbert arbeitet und von diesem geschwängert wird. Der deutsche Diplomat, dessen Vater ein Vertrauter des Kaisers ist und der sich in die unverheiratete Schwester des Earls, eine Suffragette, verliebt.

Die russischen Brüder, die nach Amerika auswandern wollen und in die Auseinandersetzungen um die Zarenfamilie verwickelt werden. Einer der Brüder gerät in die Mühlen der zaristischen Justiz, der andere schafft es auf das Auswanderer-Schiff, strandet aber in Wales, wo er - natürlich - auf die russische Fürstin trifft, die ihm und seiner Familie im zaristischen Reich übel mitgespielt hat. Zudem ist die Fürstin inzwischen mit - na wem wohl? - Earl Fitzherbert verheiratet.

Nun hat der Earl ja gerade die Bergmanns-Tochter geschwängert, und auch seine Frau, die russische Fürstin erwartet ein Kind von ihm . . . wenn es in diesem Sinne weiterginge, hätten wir eine prima Kulisse für eine dramatische Pilcher-Verfilmung (fehlt nur Cornwall als Ort der Handlung).

Nicht gegen die reizvollen Landschaftsbilder aus der Südwest-Ecke Großbritanniens: Man würde Follett Unrecht tun, reduzierte man ihn beim "Sturz der Titanen" auf ein reines Sittengemälde. Von den Protagonisten ausgehend entwirft der Waliser ein Szenario, das - mit realen, historisch verbrieften Fakten gespickt - die unaufhaltsame Rutschpartie Europas in die Katastrophe beschreibt. Und den anschließenden Weg in eine veränderte, leider nur kurze Normalität.

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