Denkanstöße : Wie wir im Alter leben wollen – ein Testbericht
DÜSSELDORF Wer etwa in ein nur 20 bis 40 Quadratmeter großes Tinyhouse oder ein Wohnmobil auf dem Dauer-Campingplatz einzieht, muss sich sehr grundsätzliche Fragen stellen, die letztlich auch bei jeder anderen radikalen Weichenstellung eine Rolle spielen.
„Ein Schiff liegt im Hafen sicher, aber dafür wurde es nicht gebaut.“ Es ist einer der vielen nachdenklich stimmenden Sätze in diesem lehrreichen Buch, eher versteckt auf Seite 311. Das Schiff sind wir, die Menschen, die das Alter, den nächsten Lebensabschnitt mehr oder weniger greifbar vor sich sehen. Und die sich Gedanken machen, wie es weiter geht, wenn die Kinder aus dem Haus sind. Wie wollen wir da leben? Sicher im Hafen liegen bleiben oder noch mal in See stechen? Die Autorinnen von „Statt Einsam Gemeinsam“, Christiane Hastrich und Barbara Lueg, wollten die Frage, die wohl viele bewegt, nicht verdrängen. Und nicht in die Zeit aufschieben, da sich die Handlungsmöglichkeiten womöglich eingeengt haben werden. Sie fragen: „Was sind die Alternativen zu Singlewohnung, Seniorenheim und Ratlosigkeit? Wollen wir uns einfach nur arrangieren, unsere Ruhe haben, unsere Träume vergessen. Schön essen und fertig?“
Alters-WG, Minihaus, Campingplatz oder ins Ausland?
Und so sind sie selbst probeweise mit dem Schiff in unbekannte See gestochen. Die Fernseh-Journalistinnen, beide Mitte 50, haben einen umfangreichen Testbericht zusammengestellt zu der Frage, wie sie und eben auch ihre Leserinnen und Leser im Alter leben könnten, vielleicht leben wollen. Sie besuchten eine Alters-Wohngemeinschaft. Sie probierten mehrere Tage lang aus, wie sie denn wohl in einer Tiny-House (Minihaus)-Siedlung auf engstem Raum klar kämen. Oder auf einem Dauer-Campingplatz. Sie waren auf einem Mehrgenerationen-Bauernhof, in dessen Alltagsleben jeder Bewohner seine Erfahrungen und Talente einbringt. Auch eine Seniorenresidenz besuchten sie. Und machten sich Gedanken darüber, wie es denn wohl wäre, irgendwann mal alle Zelte abzubrechen und etwa im sonnigen Thailand alt zu werden.
Das kann klappen, wie das Beispiel einer Frau zu beweisen scheint, die Heilfasten und Wandern zwar nicht in Asien, aber doch fernab der eigenen Wurzeln auf Rügen anbietet und dafür praktisch alle vorherigen sozialen Kontakte abbrach. Das kann aber auch schiefgehen, wie der für das Buch interviewte Psychiater Manfred Spitzer sagt: „Ich sehe die Gefahr, dass man in der Fremde noch einsamer ist, als man es hier wäre. Man spricht dort die Sprache nicht. Dann ist man in irgendeiner Enklave, und von den Menschen dort ist man dann umso mehr abhängig.“