An der Autobahn 44n Feldhamster zur Probe an A 44n angesiedelt

Grevenbroich. · Das Experiment soll zeigen, ob die Nager in einer rekultivierten Landschaft leben können.

Feldhamster sind vom Aussterben bedroht. Bald könnten sie in Garzweiler wieder Fuß fassen.

Feldhamster sind vom Aussterben bedroht. Bald könnten sie in Garzweiler wieder Fuß fassen.

Foto: dpa/Uwe Anspach

Unterhalb der neuen Autobahn 44n haben Mitarbeiter der RWE-Forschungsstelle Rekultivierung vier Gehege angelegt. Hinter den jeweils 170 Quadratmeter großen Drahtgeflechten leben insgesamt 16 Tiere – in jedem drei Weibchen und ein Männchen. Allesamt gehören sie zur Spezies des Feldhamsters, der vom Aussterben bedroht ist. In einem auf mehrere Monate ausgelegten Versuch wollen die Forscher um Gregor Eßer herausfinden, ob das seltene Tier in rekultivierten Landschaften wieder angesiedelt werden kann.

Die Hamster sollen einmal im Bereich des Tagebaus Garzweiler ausgewildert werden. Wo, das steht noch nicht fest. Diese Frage soll nach einem Scooping-Termin im nächsten Frühjahr geklärt werden, zu dem auch Vertreter des Rhein-Kreises und des Rhein-Erft-Kreises eingeladen sind. Dabei gilt es die Frage zu klären, ob es Einwände gegen eine Auswilderung gibt. Denn obwohl selten, ist der Feldhamster nicht überall gerne gesehen – gilt der kleine Kerl doch als „Verhinderer“ von Straßen, Gewerbe- oder Industriegebieten.

Die auf Schloss Paffendorf beheimatete Forschungsstelle hat sich das Ziel gesetzt, neue Lebensräume in ehemaligen Tagebaugebieten zu schaffen. Dabei geht es den Mitarbeitern um eine möglichst große Vielfalt – und das Ergebnis der Arbeit ist beachtlich. Rund 3000 Tier- und 1300 Pflanzenarten konnten „in der Rekultivierung“ bereits nachgewiesen werden.

Zwei Beispiele: Alleine auf der Königshovener Höhe bei Grevenbroich flattern nicht weniger als 647 Schmetterlingsarten – „darunter einige, die es anderswo schon gar nicht mehr gibt“, sagt Henning Walther von der Forschungsstelle. Und: Im gesamten Grevenbroicher Stadtgebiet konnten bislang allein 18 wilde, zum Teil seltene Orchideenarten nachgewiesen werden.

Die Tiere haben schon begonnen, sich ein Tunnelsystem zu graben

„Standortvielfalt schafft Artenvielfalt“ – unter diesem Motto steht die Biodiversitäts-Strategie der Rekultivierungsforscher. Und der Feldhamster spielt darin als Leitart eine wichtige Rolle: Landschaften, die seinen Ansprüchen genügen, bieten gleichzeitig auch Lebensräume für Vögel und Insekten, sagt Gregor Eßer, der die Forschungsstelle leitet.

In den vier Freilandgehegen, die westlich und östlich der Autobahn 44n angelegt wurden, soll herausgefunden werden, ob die rekultivierten Böden den etwa Meerschweinchen-großen Tieren ideale Bedingungen zum Überwintern bieten. Der Versuch wurde bereits im September mit Unterstützung der Deutschen Wildtierstiftung und des Umweltministeriums gestartet, er läuft bis April 2019.

Hauptprotagonisten des Experiments sind vier Männchen und zwölf Weibchen, die aus einer nordrhein-westfälischen Zuchtstation stammen. Die Tiere leben in gut gesicherten Gehegen, umzäunt mit Maschendraht, der zwei Meter tief in die Erde eingegraben wurde, damit keiner der Hamster ausbüxen kann. Mit den vorläufigen Ergebnissen ist Gregor Eßer zufrieden: „Die Böden sind grabbar“, sagt er. Heißt: Die pummeligen Nager haben sich bereits Bauten angelegt, inklusive der dafür typischen Fallröhren.

Jedes Tier ist mit einem Chip versehen worden, die Hamster stehen unter ständiger Überwachung der Forscher. „Wir wissen, wann sie schlafen, fressen oder herumlaufen“, berichtet Eßer. Mit speziellen „Leckerlis“ werden die Hamster hin und wieder auf eine gut getarnte Waage gelockt, damit festgestellt werden kann, ob sie ab- oder zunehmen. Eine versteckte Wildtierkamera hält sämtliche Überland-Aktivitäten der nachtaktiven Nager fest.

Eßer und sein Team sind nun gespannt darauf, wie der Versuch in den nächsten Monaten verlaufen wird. Dass alle Tiere im nächsten Frühjahr noch putzmunter durch das Gehege laufen werden, glaubt der Leiter der Forschungsstation allerdings nicht – denn: „50 bis 70 Prozent aller Feldhamster sterben im Winter“, sagt er. Sollte sich allein die Hälfte der „Versuchstiere“ im nächsten April noch bester Gesundheit erfreuen, sei das als ein großer Erfolg zu werten. wilp

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