Düsseldorf. Corona-Krise: Kunden stornieren Handwerkeraufträge aus Angst vor Infektion

Düsseldorf · Die Angst geht um vor einer Coronavirus-Infektion durch den Monteur. Doch es gibt auch den umgekehrten Fall: Der Handwerker meidet das Betreten der Wohnung. Verbände rufen nach Unterstützung durch Politik und Banken.

 Im Heizungskeller lässt sich die Nähe zum Kunden vermeiden.

Im Heizungskeller lässt sich die Nähe zum Kunden vermeiden.

Foto: picture alliance/dpa/ZVSHK

Die Zeiten, in denen der Verbraucher wochenlang auf einen Handwerker warten musste, weil dieser sich vor Aufträgen nicht retten konnte, sind mit der Corona-Krise abrupt zu Ende gegangen. Das Umgekehrte scheint der Fall zu sein. Die Kunden stornieren aus Angst vor Ansteckung durch einen Monteur die Aufträge. Christan Klemm, Chef eines Sanitär-und Heizungsbetriebs in Düsseldorf, schildert die auch für ihn brisante Situation: Um etwa 70 Prozent, so schätzt er, seien die Aufträge eingebrochen. Dabei habe er alles getan, um im Interesse seiner Mitarbeiter und seiner Kunden das Infektionsrisiko so weit wie möglich zu verringern. „Wir haben feste Teams unter den Monteuren gebildet, die nicht mehr untereinander tauschen.“ Auch seien alle genau in die Hygieneregeln eingewiesen worden.

Pragmatische Lösung: Während der Montage spazieren gehen

Natürlich könne er auch die Kunden verstehen, sagt Klemm. Jeder seiner Mitarbeiter habe an einem normalen Tag im Schnitt etwa vier Kundentermine. Und da denke manch ein Kunde, wer weiß, bei wem der Handwerker vorher war und sich womöglich infiziert hat. Doch Installateur Klemm sagt auch: „Ohne Wasser kann sich niemand die Hände waschen, was doch gerade in diesen Tagen so wichtig ist. Da braucht man uns doch.“

Klemm empfiehlt Verbrauchern, die Angst vor Ansteckung durch einen Handwerker haben, pragmatische Lösungen, wie er sie zum Beispiel mit einer Kundin gefunden hat. „Die hatte einen Wasserrohrbruch. Wir haben ihr gesagt, wir kommen zwischen 10 und 12 Uhr. Legen Sie den Schlüssel unter die Fußmatte und gehen Sie zwei Stunden spazieren, wenn unsere Leute da sind.“ Das habe gut funktioniert. Ansonsten arbeitet der Betrieb jedenfalls bei den Kunden, die den Handwerker nicht bei sich haben wollen, Aufträge ab, bei denen der Monteur dann eben nur in den Heizungskeller muss.

Manch ein Handwerker meidet auch den Kunden

Es gibt freilich auch den umgekehrten Fall – die Furcht des Handwerkers vor Ansteckung. So hatte ein Ehepaar einen neuen Geschirrspüler bestellt, samt Lieferung und Montage. „Am Montagmorgen kurz vor der Lieferung rief der Chef der Firma an und teilte mit, dass sie den Geschirrspüler nur liefern und nicht montieren. Er bat um Verständnis, weil er seine Mitarbeiter schützen möchte“, sagte der Mann. „Die Handwerker haben den Geschirrspüler ’reingetragen. Das hat nicht mal eine Minute gedauert, so schnell waren die wieder draußen. Auch die Verpackung haben sie nicht mehr mitgenommen.“ Die Installationsgebühr bekomme er zwar erstattet, allerdings sei es ihm mit einem kaputten Knie und einer neuen Hüfte kaum möglich, den Geschirrspüler selbst anzuschließen. Nun werde er versuchen, selbst eine Lösung zu finden. Immerhin sei der Geschirrspüler nicht lebensnotwendig. Abwaschen per Hand funktioniere noch gut.

Wie andere Branchen stehen auch die Handwerker insgesamt vor großen Problemen. In einer eindringlichen Stellungnahme versicherte die Dachorgansation Handwerk NRW, dass die Kammern, Fachverbände, Innungen und Kreishandwerkerschaften ihre Kräfte darauf konzentrieren, allen Betrieben schnell und unbürokratisch zur Seite zu stehen. Betriebsberater, Rechtsberater und Ausbildungsberater arbeiteten mit Hochdruck daran, den Betrieben schnelle Hilfe zu bieten. In dieser Phase der Krise komme es nun entscheidend auf Sofortmaßnahmen der Politik an.

Die Handwerksorganisation stellt dabei umfangreiche Forderungen: Für in Not geratene kleine Unternehmen bedürfe es einer schnellen Soforthilfe in Höhe von 5000 bis 25 000 Euro. Nicht als Kredit, sondern ausdrücklich als Zuschuss, damit die Betriebe ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen können. Die Möglichkeiten, Steuerzahlungen zu stunden, auf Vollstreckungsmaßnahmen und Säumniszuschläge zu verzichten und Anpassungen bei den Steuervorauszahlungen zu gewähren, müssten jetzt angewendet werden. Eine wirksame, schnelle und unbürokratische Hilfe wären auch auch das vorübergehende Aussetzen der Sozialversicherungsbeiträge oder die Rücküberweisung von Steuervorauszahlungen, so die Forderung.

Handwerkskammer stundet die Mitgliedsbeiträge

Für viele Betriebe seien nun vereinfachte Regeln zur Kurzarbeit sehr wichtig, damit die Bundesagentur für Arbeit schnell und unbürokratisch Hilfe leisten kann. Auch komme es nun darauf an, dass die verschiedenen Instrumente für Kredite, Bürgschaften und Darlehen auch für kleine und mittlere Unternehmen schnell und unbürokratisch erreichbar sind, um kurzfristige Liquiditätsengpässe zu überbrücken.

An die Hausbanken der Betriebe wird appelliert, gegenüber langjährigen Firmenkunden Kulanz zu zeigen und gerade jetzt Finanzierungslösungen zu finden, die den langfristigen Fortbestand der Unternehmen im Blick haben. Es sei jetzt nicht die Stunde, um nach ausgefeilten Business- und Liquiditätsplänen zu fragen.

Auch die Düsseldorfer Handwerkskammer selbst unternimmt Schritte, um nicht durch eigenes Handeln die Probleme ihrer Betriebe noch zu verstärken. Die für Ende März geplante Aussendung der jährlichen Beitragsbescheide findet nicht statt. Kammerpräsident Andreas Ehlert: „Ausgerechnet jetzt, wo die Unsicherheit in den Unternehmen besonders groß ist und die betriebswirtschaftlichen Folgen der Alltagsbeschränkungen nicht absehbar sind, können wir den Mitgliedsunternehmen keine zusätzliche Kostenverpflichtung zumuten. Aus diesem Grund verschieben wir die Erhebung der Mitgliedsbeiträge um mehrere Monate.“ Die Handwerkskammer werde eigentlich notwendige Investitionen zurückstellen und die Finanzierung der Handwerkskammer aus Rücklagen der Kammer sicherstellen.

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