Haas vom eigenen Körper ausgebremst

München (dpa) - Am Ende scheiterte Tommy Haas wieder einmal am eigenen Körper. Im Halbfinale des Münchner ATP-Turnieres zwickte nicht das Knie und auch nicht die Hüfte - dafür machte der Rücken dem 34-jährigen Tennisprofi schwer zu schaffen.

„Ich war irgendwann einfach blockiert“, sagte Haas nach der Halbfinalpartie gegen den Kroaten Marin Cilic. Beim 3:6, 4:6 war recht schnell Feierabend für ihn - nach drei wahren Galavorstellungen in München verhinderten die großen Schmerzen einen Kampf auf Augenhöhe um die Endspielteilnahme bei der bayerischen Traditionsveranstaltung.

„Das wäre natürlich ein Traum gewesen, noch mal ein Turnier zu gewinnen. Aber das kalte Wetter war für meinen alten Körper nicht gut“, meinte Haas betont gefasst. Der Wahlamerikaner hat gelernt mit all seinen Wehwehchen umzugehen, die ihn in all den Jahren immer wieder beständig zurückgeworfen haben. Allein an seiner Schulter wurde er dreimal operiert. Trotzdem kam Haas immer wieder zurück, auch wenn seine Verletzungspausen manchmal monatelang waren.

Jetzt, „im gesetzten Alter von 34“, werden die Zwangsauszeiten immer länger und immer nerviger. Vor der Turnierwoche bei den BMW Open hatte Haas mal wieder drei Wochen wegen Kniebeschwerden zuschauen müssen. Wie aus dem Nichts waren die beim ATP-Turnier in Houston aufgetreten. „Dann musst du wieder eine Pause machen, wieder bekommst du Spritzen, wieder dauert es dann zehn Tage, bis man das Knie belasten kann“, sagte Haas. Er kam zurück - und wie. „Vor heimischen Publikum macht mich das stolz. Das sind die kleinen Erfolgserlebnisse, für die man das alles noch macht.“

Die Rückenblessur jetzt ist nur ein weiterer kleiner Rückschlag in der 15-jährigen Profikarriere des Deutsch-Amerikaners. „Wer weiß, wie lang das dauern wird“, meinte Haas. Er hat längst damit aufgehört, über Wochen irgendwelche Turnierpläne zu schmieden. Zu wenig Vertrauen hat er noch in seinen Körper. Nur grob: Bei den French Open wolle er dabei sein und in Wimbledon nach Möglichkeit auch.

Bei beiden Grand Slams hofft Haas auf Wildcards der Veranstalter - wegen seiner früheren Leistungen. Vielleicht sei auch Olympia in London noch mal ein Ziel. Sein letztes? Haas will sich nicht festlegen - aber man spürt: Der Abschied ist nah. Am Rande des Sandplatzturnieres kokettierte er schon mit seinem Karriereende: „Vielleicht war das das letzte Mal, dass ich hier gespielt hab.“

Lange Jahre war Haas die unumstrittene deutsche Nummer eins - er sorgte dafür, dass der Tennissport nach den Rücktritten von Steffi Graf, Michael Stich und Boris Becker nicht ganz in der Versenkung verschwand. Vor genau zehn Jahren war er Weltranglistenzweiter, dann begann die Leidensarie so richtig. Die längste Pause erstreckte sich voriges Jahr über 14 Monate nach einem Eingriff an der rechten Hüfte. Seine Comebacks enden immer unspektakulärer: Früher schaffte Haas schnell wieder den Anschluss an die Tenniselite - inzwischen ist das längst nicht mehr der Fall. Er ist nur noch die Nummer 134 der Welt.

Umso überraschender waren seine glorreichen Auftritte in München. Ohne Satzverlust war Haas bei strahlendem Sonnenschein unter dem bayerischen Himmel in seinen ersten drei Begegnungen geblieben. Gegen den Weltranglistenfünften Jo-Wilfried Tsonga lieferte er eine für nie möglich gehaltene Glanzleistung ab. Ebenfalls klare Siege feierte Haas gegen Landsmann Michael Berrer und Marcos Baghdatis (Zypern).

Gegen Cilic wehrte Haas mit Mühe und Not anfangs noch mehrere Breakbälle des Kroaten ab - beim Stand von 3:4 im ersten Satz musste er aber erstmals sein Aufschlagspiel und schließlich auch den ersten Durchgang abgeben. Kaum anders verlief Satz zwei: Lediglich ein Break reichte Cilic. In seinem ersten ATP-Halbfinale seit fast drei Jahren fehlten Haas schlichtweg die Leichtigkeit und die Spritzigkeit. „Trotzdem war es für mich mit Abstand die beste Woche seit langem.“

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