Kraus in Gala-Form - „Haben eine saugeile Mannschaft“

Köln (dpa) - Michael Kraus schrie vor Glück. „Belliiii, Belliiii“, rief er durch den Gang der Kölner Arena nach seiner Freundin Isabel. Dann umarmte er sie überschwänglich, drückte sie an sein von Schweiß und Sekt getränktes Trikot und küsste sie innig.

Nach dem völlig unerwarteten Champions-League-Triumph mit dem HSV Hamburg ließ der Handball-Profi seinen Emotionen freien Lauf. „Oh Gott, geil“, stammelte er, „wir haben eine saugeile Mannschaft.“

Unter den Augen von Bundestrainer Martin Heuberger bot Michael Kraus eine Gala wie 2007 beim deutschen WM-Sieg in Köln. Mit genialen Anspielen und sechs Toren war der Spielmacher einer der großen Gewinner beim 30:29-Sieg im Finale des Endrunden-Turniers gegen den Favoriten FC Barcelona. „Die Köln Arena scheint ihm zu liegen für entscheidende Akzente. Das hat er bei der WM 2007 auch schon gemacht. Das ist seine Halle“, stellte Hamburgs Erfolgstrainer Martin Schwalb fest.

Dabei sah zunächst alles anders aus. Kraus hatte im Halbfinale nicht gespielt. Und auch im Finale kam der Standby-Nationalspieler erst zur zweiten Halbzeit ins Spiel. „Man hätte denken können, dass ich etwas sauer war, nachdem ich im Halbfinale nicht gespielt habe. War ich aber überhaupt nicht. Denn besser als das, was unsere Rückraumspieler gemacht haben, konnten wir gar nicht spielen“, sagte Kraus einsichtig. Schwalb hatte ihn dann beiseite genommen und ihm eine Einsatzgarantie fürs Finale gegeben. „Er meinte, dass Barcelona mir liegen sollte, weil sie relativ offen und sehr körperbetont spielen. Er hat recht behalten.“

Mit seiner finalen Glanzleistung hat Kraus dazu beigetragen, dass die an sich verkorkste Saison des HSV Hamburg mit einem riesengroßen Erfolg endete. Nach dem SC Magdeburg (2002) und dem THW Kiel (2007, 2010, 2012) sind die Hanseaten der dritte Bundesligist auf Europas Thron. Schwalb hat als erster deutscher Trainer den Titel gewonnen. „Champions-League-Sieger - das zählt. Da bin ich ein Stück weit stolz drauf“, sagte der 50-Jährige.

In einer Woche trennen sich die Wege des HSV Hamburg und seines Profis Michael Kraus. Der Rückraumspieler wechselt zurück zu seinen sportlichen Wurzeln zu Frisch Auf Göppingen. Die häufige Kritik, dass er als Unvollendeter den Nord-Club verlässt, kann er teilweise nachvollziehen. „Es lief nicht alles so rund in Hamburg. Aber wenn das der Tribut war, den man hatte zahlen müssen in den letzten drei Jahren, dann habe ich das gern gemacht für diesen Champions-League-Titel“, sagte Kraus.

Mit seinen nun 29 Jahren wirkt er gereift. „Ich gehe jetzt aus Hamburg weg mit der Champions League und habe meinen Teil dazu beigetragen. Ich bin unglaublich glücklich“, gestand er. Trainer Schwalb anerkannte: „Er hat einen ganz, ganz großen Anteil daran, dass wir das Ding gewonnen haben. Er hat den schönsten Abschluss seiner Zeit beim HSV geschafft. Man sollte ihm auch den Respekt entgegenbringen und sagen: Jawoll, der Junge ist gut“, sagte er.

Nun also wieder Göppingen, wo Kraus einst zum Nationalspieler reifte. „Ich glaube, wir spielen nächstes Jahr eine deutlich bessere Saison. Göppingen ist auf jeden Fall eine Mannschaft mit Zukunft“, versprach Kraus. Ob es für ihn dann auch wieder einen Weg zurück in die Nationalmannschaft gibt, ist offen. Derzeit gibt es laut Kraus keinen Kontakt mit dem Bundestrainer. „Er baut eine Nationalmannschaft, hat ein Konzept. Wenn er meint, dass ich da reinpasse, dann freue ich mich jedesmal, wenn er anruft“, meinte er.

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