Haus Lange: Und es bewegt sich doch

67 Jahre lang waren die Hebefenster von Haus Lange außer Funktion. Jetzt „fahren“ sie wieder.

Krefeld. Wenn im Zweiten Weltkrieg der Fliegeralarm heulte, geschah in Haus Lange etwas Sonderbares. Der Hausherr drückte auf einige Schalter und ließ die Fenster zum Garten maschinell nach unten in den Keller gleiten. Als in der verheerenden Bombennacht von 1943 nahe der Villa eine Luftmine explodierte, zerbarsten alle Scheiben in der Nachbarschaft - mit Ausnahme jener gläsernen Wunderwerke der Technik, die durch dicke Wände geschützt waren.

Dennoch: Seit jener furchtbaren Nacht sind die vier Hebefenster nicht mehr bewegt worden. Mit der Umstellung der Elektrizitätsversorgung auf Wechselstrom waren sie endgültig außer Funktion. Morgen werden sie nach 67 Jahren erstmals wieder nach unten gefahren - und wer möchte, darf gern dabei zusehen.

Vermutlich wird man dann ähnlich glänzende Augen sehen wie gestern bei Architekt Klaus Reymann und Museumsdirektor Martin Hentschel. Vom Keller aus verfolgten sie den Probelauf. Dort sitzt die komplexe Mechanik mit Quecksilber-Schaltung und Gleichstrommotor. Dessen monotones Surren klingt wie ein Geräusch aus einer anderen Zeit.

40.000 Euro haben Stadt und Baudenkmalstiftung für die Sanierung ausgegeben. Für Klaus Reymann, Vorsitzender der Stiftung, bildet sie das "i-Tüpfelchen" in der Restaurierung der Mies-van-der-Rohe-Villen. "Sie schaffen eine Brücke zwischen Innenraum und Außengelände." Auch Eva-Maria Eifert von der Bauverwaltung lobt die "glückliche Verbindung von Feinmechanik und Elektrotechnik".

Allerdings muss "die schöne Neuerung mit Vorsicht gehandhabt" werden, wie der Museums-chef betont. Die Fenster dürfen nur bewegt werden, wenn gerade keine Ausstellung läuft - Kunstwerke mögen keine Zugluft. Dass künftig ein Künstler auf die Idee kommt, die Fenster als Teil einer Installation zu nutzen, schließt er aus: "No way. Das macht keine Versicherung mit."

Auch der Tüv hätte wohl Bedenken. Denn wo zu Zeiten der Familie Lange ein Knopfdruck genügte, die Fenster zu bewegen, fordern die Prüfer heute "zwei Fachkundige" als Aufsicht - einer oben, einer unten im Keller.

Vorführung am Samstag um 16 Uhr.

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