Auf gespenstischen Pfaden

Mit Schneeschuhen auf den Spuren der deutsch-deutschen Vergangenheit.

Siegfried Stubrach schaut skeptisch auf die Halbschuhe der Schneeschuh-Anfängerin. "Viel zu niedrig sind die, da landet massenhaft Schnee im Schuh", prophezeit er. "Probieren Sie mal die Stiefel meiner Frau, damit bleiben die Füße sicher trocken", rät er. Stubrach muss es wissen, schließlich ist er Profi in Sachen Schneeschuhwandern - und das ganz speziell rund um Reichenbach in Thüringen. Vor drei Jahren hat er eine eigene Schneeschuh-Abteilung im örtlichen Skiverband gegründet.

Wer diese Sportart ausprobiert, wird schnell merken, weshalb sich immer mehr Menschen in Deutschland die schaufelförmigen Konstruktionen mit Holz-, Alu- oder Kunststoffrahmen und Leder- oder Kunststoffriemen unterschnallen: Es ist eine unglaubliche Ruhe, die man beim langsamen Stapfen durch den Wald und über schneebedeckte Wiesen und Felder genießen kann. Tierspuren im Schnee geben dem Schneeschuhwanderer das Gefühl, ein nie gekanntes Naturerlebnis zu erfahren.

Das bestätigt Tobias Lienemann vom Deutschen Skiverband in Planegg bei München: "Der Trend geht hin zu Emotion und Spaß in der freien Natur, verbunden mit Ruhe und Einsamkeit", sagt der DSV-Umweltreferent. Ein Vorteil dieser Sportart ist auch, dass man keinerlei Vorkenntnisse braucht. "Außerdem trainiert man viele Muskeln, kommt gut ins Schwitzen und gelangt mit den Schuhen überall hin." Genau dies sieht gerade der DSV auch als Problem an - denn der Verband fördert zwar das Schneeschuhwandern und kann auf einen Pool von 5.000 ausgebildeten Nordic-Trainern zurückgreifen, zu denen auch die Schneeschuh-Profis gehören.

Doch ihm ist auch daran gelegen, dass die Schneeschuh-Fans möglichst auf den Forstwegen und kleinen Pfaden bleiben und sich nur im Ausnahmefall ins Unterholz schlagen. "Bei aller Naturverbundenheit muss immer der Respekt vor den Tieren und empfindlichen Pflanzen im Vordergrund stehen", sagt Lienemann.

Schneeschuh-Wanderführer Siegfried Stubrach hält sich an diese Regeln und führt die Gruppe zunächst über ein weites Feld, schließlich über den "Schönwappenweg" bis zur Kurfürstenstein-Hütte, die direkt an der früheren Grenze von Ost- und Westdeutschland liegt. Heute befindet sich innerhalb des ehemaligen Todesstreifens das sogenannte Grüne Band. In Thüringen beträgt der Abschnitt des insgesamt 1.400 Kilometer langen und 50 bis 200 Meter breiten Grünstreifens mehr als 760 Kilometer.

Hier konnte in den Jahrzehnten der Unberührtheit eine Rückzugszone für eine enorme Vielfalt an Pflanzen- und Tierarten entstehen. Das Grüne Band ist heute der längste Biotopverbund Deutschlands. "Hier kreuzen sich der Rennsteig, die Thüringisch-Fränkische Schieferstraße und die alte Heer- und Handelsstraße von Nürnberg nach Leipzig", beschreibt Schneeschuh-Wanderführer Heiko Walter vom Rennsteig-Outdoor-Center in Gräfenthal die Gegend.

Obgleich die Sonne von einem stahlblauen Himmel strahlt und die Luft glasklar und frisch ist - die deutsche Geschichte lässt den Wanderer hier nicht los und jagt ihm bisweilen kalte Schauer über den Rücken. Gespenstisch ragen halb vermoderte Holzpfähle aus dem Schnee, an denen verrostete Stacheldraht-Reste hängen - übrig gebliebene Befestigungsteile der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze. An prägnanten Punkten sind Info-Terminals aufgestellt. Nach dem Wählen einer dort angegebenen Telefonnummer erfährt man Wissenswertes über den jeweiligen Standort und kann sich ein Bild davon machen, wie es hier bis 1989 einmal ausgesehen haben muss.

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