Thanksgiving: Der Truthahn als Stressfaktor

Washington (dpa) - Außen verbrannt, innen roh? Die Zubereitung des Truthahns für Thanksgiving treibt vielen Amerikanern Schweiß auf die Stirn. Doch Smartphones oder Telefon-Berater verhelfen selbst Gelegenheitsköchen zum saftigen Festtagsbraten.

Ein trockener Truthahn: Das ist der Alptraum vieler Amerikaner zum Erntedankfest. Ein zäher Vogel in der Röhre, die Schwiegermutter vor der Tür: was nun? Ein klarer Fall für die Turkey-Hotline: Wer hier am Thanksgiving-Day (in diesem Jahr am 24. November) anruft, bekommt erstmal eine Portion Beruhigung. „Tief durchatmen“, rät Telefon-Beraterin Alice Coffey vom Geflügel-Produzenten Butterball. Und dann retten, was zu retten ist. „Aus einem trockenen Truthahn kann man zum Beispiel noch einen Auflauf oder Chili machen“, sagt die 62-Jährige.

Thanksgiving ist einer der bedeutendsten Feiertage in den USA. Die Amerikaner gedenken der ersten Ernte der Einwanderer von Plymouth in Neuengland im Jahr 1621. Der Truthahn gehört dabei auf den Tisch wie die Gans zu Weihnachten in Deutschland. Laut Nationaler Truthahn Gesellschaft haben im vergangenen Jahr neun von zehn Amerikanern am Erntedankfest Truthahn gegessen - das macht geschätzt etwa 46 Millionen Vögel.

Rund 100 000 Amerikaner rufen jedes Jahr vor dem Erntedankfest bei der kostenlosen Butterball-Hotline an, um sich Tipps für die Geflügel-Zubereitung zu holen. „Das Fest ist emotional sehr aufgeladen. An diesem Tag möchte jeder ein wunderbares Mahl genießen“, sagt Coffey.

Wenn im Mutterland des „Fast Food“ Familie und Freunde zum Festmahl anrücken, bedeutet das gerade für ungeübte Köche Stress pur: „Viele lernen das Kochen nicht mehr von ihren Eltern. Manche sind es auch nicht mehr gewohnt, ein aufwendiges Essen für viele Personen zuzubereiten“, berichtet Coffey. Ein durchschnittlicher Truthahn wiegt etwas über sieben Kilogramm. Die erste Herausforderung ist häufig schon, das Tier in den Ofen zu bekommen.

Unterstützung beim Abenteuer Truthahn gibt es nicht nur am Telefon, sondern auch von modernster Technik. Die App „Thanksgiving-Planner“ listet mehr als 160 Punkte zur Vorbereitung auf das große Fest auf - von den Einladungen über die Vogel-Vorbestellung bis zum Servieren. Auf dem Tablet-PC können sich Köche zudem am Herd Anleitungsvideos anschauen.

Wer beim Videoportal YouTube „Cook Turkey“ eingibt, erhält über 8000 Treffer. Expertin Amanda Haas bringt ihren Zuschauern etwa bei, die Brust des Truthahns zunächst mit Alufolie abzudecken. Jeden Arbeitsschritt kommentiert sie verzückt mit „Wundervoll“ oder „Perfekt“. Das erinnert an die amerikanischen Handwerker-Sendungen nach dem Motto „Let's fix it“ (Packen wir's an).

Ist der Truthahn in der Röhre, hilft die App „iGrill“. Dabei wird ein Thermometer, das rund 100 Dollar (73 Euro) kostet, mit dem Geflügel in den Ofen geschoben. Via Funkverbindung bekommt der Koch die Fleisch-Temperatur auf sein Smartphone. So können Gastgeber im Wohnzimmer die Schwiegermutter unterhalten, aber technisch in der Küche bleiben. Ist der Vogel gar, klingelt das Handy des modernen Kochs mit Truthahn-Rufen, die aus dem Internet geladen wurden.

Selbst wenn etwas schiefläuft, gibt es fast immer eine Lösung. Beraterin Coffey hat in den vergangenen 16 Jahren zig Festmahle gerettet. Bei einem Stromausfall an der Ostküste just zu dem Zeitpunkt, als tausende Thanksgiving-Braten im Ofen schmorten, riet sie: „Raus mit dem Truthahn aus der Röhre, rauf auf den Grill.“

Manchmal ist aber auch die Expertin machtlos, wie bei einem jungen Anrufer aus New York, dessen Truthahn im Ofen gefangen war. Der gestresste Koch hatte den Knopf gedrückt, der eine Reinigung startet. Die Ofentür schloss und die Röhre heizte auf über 250 Grad hoch. Heraus kam ein verkohlter Vogel. Da hilft keine App der Welt und auch Expertin Coffey konnte nur raten, schnell noch einen fertig zubereiteten Truthahn zu kaufen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort