Lungenkrebs - Die schleichende Gefahr

Berlin (dpa/tmn) - Lungenkrebs ist vor allem eine Raucherkrankheit: Neun von zehn Betroffenen rauchen. Der beste Schutz ist daher, die Finger von Zigaretten zu lassen. Der Weltkrebstag am Samstag (4. Februar) ist ein guter Anlass, das zu beherzigen.

Die Diagnose Krebs ist für Betroffene ein harter Schlag. Für jene, die Lungenkrebs haben, kommt noch etwas anderes hinzu: „Erzählt man von dieser Krankheit, lautet die nächste Frage oft: 'Hast du geraucht?'“, sagt Barbara Baysal von der Selbsthilfe Lungenkrebs in Berlin. Die Diagnose selbst ist schon schlimm, und dann kommen noch Schuldgefühle hinzu.

Tatsächlich erhöht Rauchen das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, drastisch: „Neunzig Prozent der Lungenkrebspatienten sind Raucher“, sagt Prof. Wulf Pankow vom Institut für Tabakentwöhnung und Raucherprävention im Vivantes Klinikum Neukölln in Berlin.

Wie das Statistische Bundesamt anlässlich des Weltkrebstags am Samstag (4. Februar) mitteilt, starben im Jahr 2010 218 889 Menschen in Deutschland an Krebs. Bösartige Lungen- und Bronchialtumore sind die häufigste Krebsart mit Todesfolge - 42 972 Menschen starben daran 2010. Es folgten Brustkrebs mit 17 573 Todesfällen sowie bösartige Dickdarm- und Bauchspeicheldrüsentumore mit 17 161 und 15 488 Fällen.

Das Problem ist, dass es bei Lungenkrebs kaum frühe Symptome gibt. Denn die Lunge ist schmerzunempfindlich. Tumoren entwickeln sich oft über Jahre und werden erst im fortgeschrittenen Stadium entdeckt. Die Symptome können unspezifisch sein und Metastasen auch in Körperteilen jenseits der Bronchen oder Lunge auftreten. „Wenn jemand Blut hustet, ist das ein klares Alarmsignal dafür, schnellstens einen Lungenarzt aufzusuchen“, erklärt Pankow. Anzeichen können aber auch länger anhaltende Brustschmerzen, ein veränderter Husten oder Rückenbeschwerden sein.

Nur durchschnittlich 10 bis 15 Prozent der an dieser Krebsart erkrankten Menschen überleben die ersten fünf Jahre nach Diagnosestellung, begründet das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg die Notwendigkeit einer aktuellen Studie zur Früherkennung. Die Studie soll nachweisen, ob eine Computertomographie sich zur frühzeitigen Erkennung von Lungenkrebs eignet. Denn rechtzeitig diagnostiziert, können kleinere Tumore oftmals erfolgreich operativ entfernt werden.

„Für das Screening spricht, dass es nur wenige Minuten dauert und schmerzfrei ist“, sagt Prof. Stefan Delorme, Radiologe am DKFZ und klinischer Leiter der Lungenkrebs-Screening-Interventionsstudie (LUSI). Dabei sind die Patienten zwar einer Strahlenbelastung ausgesetzt. Diese ist allerdings mit der angewandten Mehrschicht-Computertomographie (MSCT) relativ gering. Besorgnis erregen können allerdings falsche positive Befunde. „Das sind jene Herde, die auffallen, am Ende aber kein Krebs sind“, sagt Delorme.

Rund 30 Prozent der Teilnehmer haben Befunde, die Konsequenzen nach sich ziehen: etwa frühere Verlaufskontrollen oder eine Biopsie - ein minimalinvasiver chirurgischer Eingriff im Brustraum. Aber die vorläufigen Daten einer US-Studie deuten an, dass MSCT-Vorsorgeuntersuchungen durchaus nützlich sind. „Vor allem langsam wachsende Karzinome können auf diese Weise rechtzeitig entdeckt werden“, sagt Delorme.

Am wirksamsten ist und bleibt es aber, mit dem Rauchen aufzuhören. „Je länger jemand abstinent ist, desto stärker sinkt das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken“, sagt Pankow. Noch besser ist es, gar nicht erst anzufangen. „Denn jemand, der zehn Jahre lang zwanzig Zigaretten pro Tag geraucht hat, wird immer stärker gefährdet sein als ein Nichtraucher.“ Etwa jeder zehnte Raucher bekommt Lungenkrebs.

„Die meisten hören sofort mit dem Rauchen auf, wenn sie die schockierende Diagnose erhalten“, erzählt Barbara Baysal. Wer es nicht schafft, dem können Kurse zur Rauchentwöhnung helfen. „Es geht dabei auch um die Entkopplung von Gewohnheiten: zum Beispiel, sich zum Bier eine Zigarette anzuzünden oder in Stresssituationen zu rauchen“, erklärt Pankow. Mit dem Rauchen aufzuhören, ist gerade bei Lungenkrebs wichtig: Bei einem aktiven Raucher wirken krebshemmende Medikamente deutlich schlechter als bei Nichtrauchern. Und selbst wenn der Krebs geheilt wird, besteht die Gefahr, erneut zu erkranken.

„Das Wichtigste ist, dass man Hoffnung weitergibt, dabei allerdings ehrlich bleibt“, sagt Baysal über ihre Arbeit in den vier Berliner Selbsthilfegruppen. Hoffnung macht auch ihr persönliches Schicksal: Das erste Mal erkrankte sie 2001, anderthalb Jahre später erneut. Sie bezeichnet sich heute als tumorfrei. Zu sagen, sie sei geheilt, das vermeidet sie allerdings.

Service:

Selbsthilfegruppen: Bis 2008 gab es zwei Selbsthilfegruppen Lungenkrebs in Deutschland. Heute sind es bundesweit mehr als vierzig. In den Gruppen wird über alltägliche Probleme gesprochen, Betroffene und Angehörige erhalten Tipps zu Therapieverlauf und Behandlungsmöglichkeiten. Atemtherapie und Lungensport können etwa dazu beitragen, die Lebensqualität von Lungenkrebskranken- und -operierten zu verbessern.

LUSI-Studie: Die Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums läuft seit 2007 und noch bis zum Jahr 2016. Sie ist Teil einer großen europäischen Studie, die unter anderem auch in Italien, Holland und Dänemark stattfindet und bei der insgesamt bis zu 37 000 Menschen untersucht werden.

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