Der Körper steckt in den Füßen: Die Fußreflexzonenmassage

Gräfelfing (dpa/tmn) - Die Füße sind ein Spiegelbild des Körpers - deshalb lassen sich Beschwerden durch gezielte Druckmassage der Sohlen lindern. Das ist die Annahme der Fußreflexzonentherapie. Die Existenz der Zonen ist nicht belegt, Schulmediziner sind skeptisch.

Wenn jemand mit Verdauungsproblemen zu Margarete Hermanns kommt, massiert sie seine Füße und konzentriert sich dabei besonders auf den Mittelfuß. Dieses Vorgehen mag unlogisch erscheinen, hat aber System: Die Heilpraktikerin aus Gräfelfing ist Expertin für Fußreflexzonentherapie. „Das ist ein alternativmedizinisches Behandlungsprinzip, das schon vor tausenden von Jahren in China, Indien, Ägypten und bei einigen Indianerstämmen praktiziert wurde“, erklärt sie. „Es basiert auf der Theorie, dass sich der menschliche Körper in den Füßen widerspiegelt, wobei jeder Körperteil an eine bestimmte Stelle des Fußes gekoppelt ist.“

Anwendung und Wirkprinzip ähneln der Akupressur: Ist eine Reflexzone auffällig, etwa weil sie wehtut oder verhärtet ist, gilt das als Anzeichen dafür, dass mit dem zugehörigen Organ etwas nicht in Ordnung ist. Im Umkehrschluss soll eine gezielte Druckmassage der Reflexzonen einen Reiz an die jeweiligen Zielorgane geben und sie bei Heilungsprozessen unterstützen. Durchblutung und Stoffwechsel, so die Idee, werden dadurch gefördert.

Um 1913 habe der amerikanische Arzt William Fitzgerald den Körper in zehn Längszonen unterteilt, die er proportional auf die Füße übertrug, erklärt Rainer Stange, Leitender Arzt der Abteilung Naturheilkunde des Immanuel Krankenhauses Berlin. Dieses Raster, das später noch um drei Querzonen ergänzt wurde, bildet das Koordinatensystem der Therapie: Es zeigt die genaue Position der Reflexzonen am Fuß an. In diesem Mikrosystem finden sich die rechte Körperhälfte am rechten und die linke am linken Fuß wieder. Die Organe, Nerven, Muskeln, Knochen und Gelenke — oder besser gesagt ihre Bezugspunkte — sitzen spiegelbildlich da, wo sie auch im Körper sind.

Die grundlegenden Griff- und Drucktechniken der modernen Fußreflexzonentherapie bildete Mitte des 20. Jahrhunderts die amerikanische Masseurin Eunice Ingham heraus. Die deutsche Heilpraktikerin Hanne Marquardt entwickelte sie weiter und ergänzte sie. „Gearbeitet wird mit den Fingerkuppen, vor allem mit der des Daumen und des Zeigefingers“, sagt Reinhard von Neipperg, Vorsitzender des Internationalen Lehrerverbandes für Reflexzonentherapie am Fuß nach Hanne Marquard.

In der ersten Sitzung wird so der Befund erhoben. Das heißt: Die Reflexzonen werden auf Auffälligkeiten wie Schmerzen geprüft. Dann wird therapiert, wobei die angewandten Grifffolgen je nach Diagnose und Behandlungsziel langsam und weich oder schnell und kräftig sind. Ersteres ist zum Beispiel gefragt, wenn man ein Organ beruhigen oder einen akuten Schmerzzustand lindern will. Zweites, wenn es darum geht, ein Körperteil in seiner Funktion anzuregen oder zu stärken.

„Dass die Fußreflexzonentherapie funktioniert, sieht man in der Praxis immer wieder. In der konventionellen Medizin ist sie aber nach wie vor umstritten“, erklärt Stange. Ein Grund dafür sei unter anderem die dürftige Forschungslage. Eindeutige wissenschaftliche oder anatomische Beweise für die Existenz der Fußreflexzonen und ihre Zuordnung zu bestimmten Organen fehlen bislang. Mancher Schulmediziner spricht der Therapieform ihre Wirksamkeit daher ab. Zu Unrecht, findet Stange. Denn die Wirksamkeit lasse sich auch ohne die exakte Theorie der Wirkungsvermittlung nachweisen. Und es habe in den vergangenen Jahren einige Studien gegeben, die der Fußreflexzonentherapie positive Effekte auf bestimmte Krankheitsbilder bescheinigten.

Literatur:

Margarete Hermanns: Fußreflexzonentherapie: Diagnose, Prophylaxe und Therapie, Foitzick, 223 Seiten, 29,95 Euro, ISBN-13: 978-3929338713

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