Studieren auf dem Sofa: Mehr Hochschulen bieten Fernstudien an

Wismar (dpa) - Das Fernstudium ist ein Mega-Trend in Deutschland. Immer mehr Hochschulen erkennen das. Vorn dabei ist die Hochschule Wismar. Bei ihrer Tochtergesellschaft Wings büffeln aktuell mehr als 3400 Menschen für einen akademischen Abschluss.

Studieren auf dem Sofa: Mehr Hochschulen bieten Fernstudien an
Foto: dpa

Deutschlands größter Campus ist das heimische Sofa. Seit der Einführung der Studienabschlüsse Bachelor und Master hat sich die Zahl der Fernstudenten vervielfacht, wie Frank Ziegele vom Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) in Gütersloh (NRW) sagt. Sie hat die Marke von 100 000 lange überschritten. Immer mehr Hochschulen reagieren auf den Mega-Trend. Ganz vorn dabei ist die Hochschule Wismar in Mecklenburg-Vorpommern.

Dort ist die Zahl der Fernstudenten im Wintersemester auf 3423 gestiegen - ein Rekordwert, wie Professor Manfred Ahn berichtet. Der älteste Fernstudent sei deutlich über 70 Jahre alt und habe einen Lerngruppen-Stammtisch in Stuttgart gegründet.

Ahn ist Geschäftsführer der eigens für den Fernstudienbetrieb gegründeten Tochtergesellschaft Wings. Bei ihrer Gründung vor zehn Jahren stand die Befürchtung Pate, aufgrund der demografischen Entwicklung könnten eines Tages die Studentenzahlen in Wismar wegbrechen. „Bisher ist das zum Glück so nicht eingetreten“, sagt Ahn. Doch was nicht geschah, kann immer noch kommen. Derzeit hat Wismar rund 7500 Präsenzstudenten auf dem Campus. Die Zahlen sind bislang stabil.

Fernstudien bieten viele Hochschulen oft schon seit Jahrzehnten an, allerdings in kleinem Rahmen. Auch in Wismar reicht die Tradition bis 1952 zurück, wie Ahn erzählt. Der große Durchbruch kam Ziegele zufolge mit der Umstellung der Studienabschlüsse auf Bachelor und Master. „Das ermöglichte, ein Masterstudium als berufsbegleitendes Studienprogramm anzubieten“, sagt der Beobachter der Szene. Vorher habe es bei Weiterbildungen oft keinen akademisch anerkannten Abschluss gegeben.

Die jüngste Ziegele vorliegende Statistik stammt aus dem Jahr 2011. Damals gab es auf dem deutschen Sofa-Campus 133 000 Studenten, zwölf Prozent mehr als ein Jahr davor und 77 Prozent mehr als 2007. Neben der Fern-Universität in Hagen in Nordrhein-Westfalen, dem traditionellen Platzhirsch, tummeln sich immer mehr „normale“ Hochschulen in diesem Markt, auf dem auch der eine oder andere Euro verdient werden kann.

Die Wings GmbH macht Gewinn. Über Zahlen spricht Ahn nicht, er verrät nur so viel: Die Gewinne fließen bislang je zur Hälfte ins Eigenkapital der Gesellschaft und in den Vermögenshaushalt der Hochschule. Für Ahn und viele Fernstudenten ist die Wings eine Erfolgsgeschichte.

Doch es gibt auch Reibungen. So monierte das Bildungsministerium, dass die vom Land bezahlten Professoren der Hochschule sich zum Teil recht umfangreich für die Wings betätigen - für deren Angebote, wie in dem Bereich üblich, Gebühren verlangt werden. Die Sorge stand im Raum, dass die Präsenzstudenten zu kurz kommen könnten. Zu Ende sei die Diskussion noch nicht, sagt Ahn. Gespräche mit dem Bildungsministerium liefen. Er rechne mit einer Begrenzung der Nebentätigkeit für die Professoren. Wünschen würde sich Ahn mehr Personalstellen, welche die Hochschule über die Wings-Einnahmen auch selbst finanzieren könne. „Wir streben eine Freigabe der Stellenpläne an“, sagt er.

Das Wismarer Modell, die Fernstudienabteilung in eine Tochterfirma auszugliedern, stößt bundesweit auf Interesse. Gerade schaut sich Florian Schindler von der Beuth-Hochschule in Berlin die Wings GmbH genauer an. „Das ist eine erfolgreiche Ausgründung, und sie ist stark gewachsen“, sagt er anerkennend. Die Beuth-Hochschule macht schon seit 1983 Fernstudien-Angebote. Aktuell werden sie laut Schindler von 1800 Fernstudenten genutzt.

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