Zuschauer-Debatte in der Pandemie Warum 50 000 Fans im Stadion die Gesellschaft zerreißen

Meinung · Solche Bilder wie am Wochenende im Kölner Stadion sollten derzeit nicht mehr produziert werden. Und doch ist keine echte Lösung in Sicht.

 Das Kölner Stadion war brechend voll - ein Bild, welches man im Moment nicht sehen und verstehen kann.

Das Kölner Stadion war brechend voll - ein Bild, welches man im Moment nicht sehen und verstehen kann.

Foto: dpa/Marius Becker

Natürlich grüßen inzwischen beinahe täglich Déjà-Vu und Murmeltier: Immer die gleichen Diskussionen, Monat für Monat in der bald zwei Jahre währenden Pandemie. Und keine Lösungen, die alle befrieden. Die Wahrheit ist: Die wird es niemals geben.

Denn unser Handeln in der Pandemie bewegt sich in einem unauflöslichen Widerspruch: Die einen wollen hundertprozentige Sicherheit, eine Begegnung mit dem Virus zu vermeiden, und argumentieren alles nieder, was dem entgegenstehen könnte. Die anderen wollen Freiheit erhalten, sich zwar anpassen, aber Restrisiken in Kauf nehmen. Dazwischen verläuft die Grenze, die die Politik zu ziehen versucht, um Verhältnismäßigkeit zu wahren. Nicht ohne nach jeder Korrektur lautstark von gerade dem Lager angefeindet zu werden, das sich wieder zu kurz gekommen sieht. So ist das Elend garantiert – und ein Ausweg dauerhaft versperrt.

Gut zu beobachten war das am Wochenende, als 50 000 Zuschauer in Köln beim Fußball unter 2G-Bedingungen zugeschaut haben und dafür in Vielzahl unter 3G-Bedingungen im öffentlichen Nahverkehr angereist sind. Da gerät schnell an seine Grenzen, wer das im Angesicht der Hilferufe von den Intensivstationen für politisch richtig entschieden und angemessen umgesetzt hält. Ausbleibendes Infektionsgeschehen soll die Zuschauerzahl schon am Montag gerechtfertigt haben? Wer wollte das wirklich seriös beurteilen, wenn etwa in den Bahnen eine Kontrolle kaum möglich war? Und im Stadion die Bitte, eine Maske zu tragen verhöhnt wurde?

Es ist doch so: Die Macht der Bilder fegt die sachliche Beurteilung ohnehin hinweg. Diese Macht befeuert ein Gefühl – und wirkt damit gesellschaftlich über vermeintlich logische Sichtweisen hinaus. Sie ist Katalysator der Spaltung. Daraus sollte man die Erkenntnis ziehen und entsprechende Regelungen anstrengen, bestimmte Bilder in bestimmten Situationen schlicht nicht mehr zu produzieren. 50 000 Zuschauer in einem Fußballstadion gehören derzeit dazu.

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