Schätze für tausend Milliarden Dollar

Hoffnungsschimmer für das bitterarme Krisenland: US-Geologen finden riesige Vorkommen an Rohstoffen.

Kabul. Das von Kriegen und inneren Unruhen geplagte Afghanistan sitzt offenbar auf einem Schatz, der eines der ärmsten Nationen der Welt zu einem der weltgrößten Exporteuren von Rohstoffen machen könnte. Die amerikanische Regierung bestätigte nun Berichte, wonach US-Geologen Mineralreserven im Wert von einer Billion (tausend Milliarden) Dollar entdeckt haben. Bis die Schätze tatsächlich erschlossen werden, könnten aber noch Jahrzehnte vergehen.

General David Petraeus, der für die Krisenregion zuständige Oberkommandeur, schwärmte über die neue Studie, die nun vom Pentagon freigegeben werden soll. "Die Möglichkeiten sind umwerfend", erklärte Petraeus. Neben Gold sei das Team von Wissenschaftlern, die erst im Vorjahr von Irak nach Afghanistan versetzt wurden, auch auf enorme Kupfer, Eisen-, Kobalt- und Lithiumvorräte gestoßen.

Ein ranghoher Pentagon-Angestellter erklärte, dass Afghanistan zum "Saudi Arabien für Lithium" werden könnte. Das Leichtmetall wird unter anderem zur Herstellung von Batterien für Handys, Laptops und anderen Elektronikprodukten verwendet.

Nach einer langen Serie von Hiobsbotschaften handelt es sich bei dem sensationellen Fund um einen der wenigen Lichtblicke seit Beginn des fast neun Jahre alten Kriegs in Afghanistan. Vergangene Woche starben innerhalb von weniger als 24 Stunden ein Dutzend Nato-Soldaten, auch steigt die Zahl toter Zivilisten täglich. Zwar sollte noch im Verlaufe dieses Jahres ein großer Teil der Verantwortung für die innere Sicherheit dem afghanischen Militär übertragen werden, doch dazu fehlt es noch an den notwendigen Ausbildern.

Zu den wichtigsten Stützen für die Wirtschaft, die umgerechnet weniger als zehn Milliarden Euro umsetzt, zählen der Handel mit Opium und anderen illegalen Drogen. "Dem können wir nun ein Ende setzen", erklärte ein zuversichtlicher Petraus. Afghanistan habe alle Voraussetzungen, "um sich auf dem Weltmarkt als einer der wichtigsten Exporteure dieser Rohstoffe zu etablieren". Der afghanische Regierungsberater Jalil Jumriany betonte, dass "diese Rohstoffe nun das Rückgrat der afghanischen Wirtschaft sein werden".

Gleichwohl warnen Experten vor Optimismus. Da das Land über so gut wie keine Bergbauindustrie verfügt, könnte die Förderung der Mineralien noch Jahrzehnte dauern. Auch stellt sich die Frage, wie mit internationalen Investoren umgegangen werden soll, die bereits Schlange stehen, um von den lukrativen Naturschätzen etwas abzubekommen.

China scheint der Konkurrenz voraus: Das Reich der Mitte hat sich bereits die Rechte für einige der größten Kupferminen gesichert. Um Korruption zu verhindern und sicherzustellen, dass die Auftragsvergabe nicht zum Gegenstand politischer Manipulation wird, will das Pentagon zusammen mit der Regierung von Präsident Hamid Karzai die staatlichen Ausschreibungen koordinieren und überwachen.

Andere Länder hingegen befürchten, dass die USA ihre strategische Position nutzen könnte, um amerikanischen Unternehmen die lukrativsten Aufträge zuzuschustern. Ein weiteres Problem besteht darin, dass die Mineralien auf weite Teile des Landes verteilt sind. Im Süden und Osten Afghanistans, so wird im Pentagon befürchtet, könnte es nahe der pakistanischen Grenze zu neuen Auseindersetzungen mit Taliban-Kämpfern kommen, die ebenfalls einen Anspruch auf die Rohstoffvorkommen erheben werden.

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