Belgien droht nach Wahl die Spaltung

Sprachenstreit: Die separatistischen Kräfte in Flandern haben am Sonntag einen historischen Sieg errungen.

Brüssel. Die Parlamentswahlen in Belgien haben die Spaltung zwischen Flamen und Wallonen vertieft. Laut Hochrechnungen von Sonntagabend lagen im niederländisch-sprachigen Flandern die Nationalisten der Neu-Flämischen Allianz (N-VA) in der Region mit 29,5 Prozent in Führung. Die Christdemokraten (CDV) des amtierenden Regierungschefs Yves Leterme kamen demnach nur auf 18Prozent der flämischen Stimmen.

Der Wahlsieg einer die Unabhängigkeit Flanderns fordernden Partei wäre eine Premiere in Belgiens Geschichte. Beobachter sprachen bereits von einem "historischen Sieg" der N-VA. Der amtierende Energieminister Paul Magnette, ein französischsprachiger Sozialist, sagte, die N-VA sei in einer neuen Regierung unvermeidlich. N-VA-Chef Bart De Wever, der mit markigen Sprüchen bekannt wurde, hatte jedoch in einem Interview bekannt, nicht am Posten des Premierministers interessiert zu sein.

Den Flamen stehen als der Bevölkerungsmehrheit 88 der 150Sitze in der belgischen Abgeordnetenkammer zu. In der Regierung müssen beide Sprachgruppen vertreten sein. Die Bildung einer neuen Regierung dürfte extrem schwierig werden. Das Ergebnis verschärft die Vertrauenskrise zwischen dem Norden und dem Süden Belgiens. Eine der wichtigsten Aufgaben einer neuen Regierung wird die dringend nötige Staatsreform sein.

Die Frankophonen wollen eine Spaltung des Königreiches verhindern. Auf ihrer Seite führten laut Hochrechnungen am späten Abend die Sozialisten (PS) mit gut 30Prozent.

Der Streit zwischen Flamen und Wallonen um die Stellung der beiden Sprachgruppen im 1830 entstandenen Königreich vergiftet seit Jahren das politische Klima in Belgien und hatte im April zum Sturz der Regierung Leterme geführt. Deshalb waren vorgezogene Neuwahlen nötig geworden.

Ein deutlicher Rechtsruck ist bei der Parlamentswahl nicht zu beobachten: Die Zugewinne der N-VA gingen auf Kosten des rechtsradikalen und offen ausländerfeindlichen Vlaams Belang, der deutlich an Stimmen verlor.

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