Der Südsudan ist unabhängig

Juba (dpa) - Der Sudan ist geteilt, ein neuer Staat in Afrika geboren: Der Südsudan hat sich am Samstag offiziell vom Norden des Landes abgespalten und seine Unabhängigkeit erklärt.

Im Beisein von Würdenträgern aus aller Welt verlas Parlamentspräsident James Wani Igga in der Hauptstadt Juba die Unabhängigkeitserklärung. Unter dem Jubel tausender Menschen wurde die sudanesische Fahne eingeholt und die Flagge des Südsudans gehisst. Danach unterzeichnete der neue Präsident Salva Kiir die Übergangsverfassung und legte den Amtseid ab.

Viele Staaten der Welt, darunter die USA, Frankreich und Deutschland, nahmen sofort diplomatische Beziehungen zum Südsudan auf. Die Staatsgründung wurde international als Meilenstein für die Krisenregion gewürdigt. In den Jubel mischte sich allerdings auch Sorge. US-Präsident Barack Obama rief die Regierungen in Khartum und Juba dazu auf, die bittere Vergangenheit hinter sich zu lassen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte dem Südsudan die Unterstützung Deutschlands zu. Der ständige EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy schrieb in einer Twitter-Nachricht: „Ich gratuliere dem Südsudan zu seiner Unabhängigkeit und wünsche der Bevölkerung eine gedeihliche und friedliche Zukunft.“

An dem Festakt in Juba nahm auch der sudanesische Präsident Omar al-Baschir teil, der wegen Kriegsverbrechen in Darfur mit internationalem Haftbefehl gesucht wird. Der einstige Kriegsgegner sicherte dem neuen Staat seine Unterstützung zu. „Der Wille der Bürger des Südens muss respektiert werden“, sagte er mit Blick auf das Referendum, bei dem sich im Januar fast 99 Prozent der Südsudanesen für die Abspaltung ausgesprochen hatten.

Der Nordsudan hatte die Unabhängigkeit des Südens am Freitag erst im letzten Moment anerkannt. Al-Baschir forderte US-Präsident Obama auf, die Beziehungen zu Khartum nun zu normalisieren und die Sanktionen gegen den Sudan aufzuheben. Südsudans Präsident Kiir wiederum kündigte eine Generalamnestie für die früheren Kriegsgegner an. Der Straferlass gelte für alle, die gegen den Süden des Landes gekämpft hätten, sagte er.

Im ganzen Südsudan herrschte am Samstag Feierstimmung. Schon um Mitternacht hatten Kirchenglocken den historischen Tag eingeläutet. Mit Trommelrhythmen wurde der neue Staat begrüßt. Christliche und muslimische Gebete wurden gesprochen und Lieder angestimmt. Als bei dem Festakt die Flagge des Südsudans gehisst wurde, brachen viele Menschen in Freudentränen aus.

Der christlich geprägte Südsudan wurde mit seiner Loslösung vom vorwiegend muslimischen Norden zum 54. Staat Afrikas. Unter dem jahrzehntelangen 2005 beendeten Bürgerkrieg hatte vor allem der Süden schwer gelitten. Rund zwei Millionen Menschen kamen ums Leben, etwa vier Millionen mussten fliehen. Ungeklärt und umstritten zwischen Nord und Süd sind weiterhin der genaue Grenzverlauf und die Verteilung der Öleinkünfte.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zeigte sich besorgt über die anhaltenden Konflikte entlang der neuen Staatsgrenze mit dem Norden. Die Stationierung äthiopischer Friedenstruppen könne helfen, die Situation zu entschärfen, sagte Ban der Nachrichtenagentur dpa in Juba. Notwendig sei aber eine dauerhafte politische Lösung. Der Weltsicherheitsrat in New York hatte am Freitag unter deutschem Vorsitz beschlossen, 7000 Friedenshüter in das jüngste afrikanische Land zu entsenden.

US-Präsident Obama rief den Norden und den Süden auf, das Friedensabkommen vollständig umzusetzen. „Durch Mut und harte Entscheidungen kann dies zum Beginn eines neuen Kapitels von mehr Frieden und Sicherheit für alle Sudanesen sein“, erklärte Obama in Washington. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy mahnte beide Seiten, sich so bald wie möglich auf die Modalitäten ihrer neuen Beziehung zu einigen.

Merkel kündigte an, im Weltsicherheitsrat, in dem Deutschland zur Zeit den Vorsitz hat, werde das Thema Sudan ganz oben auf der Tagesordnung stehen. „Denn wir wollen, dass mit dem Nord- und mit dem Südsudan zwei stabile Staaten entstehen. Und der Südsudan braucht insbesondere unsere und die Unterstützung der gesamten Staatengemeinschaft“, erklärte die Kanzlerin in Berlin.

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