Bessere Vertragsbedingungen gefordert Falsche Verträge, hohe Kosten - NRW will Widerrufsrecht im Handyladen

Düsseldorf · 45 Euro soll der Handyvertrag höchstens kosten, in Wirklichkeit wird er doppelt so teuer. Und das „superschnelle Internet“ bleibt ein Wunschtraum. Viele Verbraucher beklagen solche Erfahrungen. Politik und Verbraucherschützer wollen ein Widerrufsrecht im Handyladen.

 Die NRW-Verbraucherzentrale hat Kritik an der Beratung in vielen Handyläden in Nordrhein-Westfalen geübt.

Die NRW-Verbraucherzentrale hat Kritik an der Beratung in vielen Handyläden in Nordrhein-Westfalen geübt.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Intransparente Verträge mit zu hohen Kosten - dagegen wollen die NRW-Verbraucherzentrale und das NRW-Verbraucherschutzministerium Kunden von Handyläden besser schützen. „Der Handel kommt in vielen Fällen seiner Informationspflicht nicht nach“, kritisierte Ministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) am Donnerstag in Düsseldorf. Kunden hätten im Gewirr von Kosten, Extras und Tarifen vielfach keine Chance und stimmten in einer „Druck- und Überrumpelungssituation“ dem vorgelegten Vertrag zu - ohne ihn richtig zu verstehen, erklärte der Verbraucherzentralenvorstand Wolfgang Schuldziniski.

Beide fordern ein 14-tägiges Widerrufsrecht, wie es bei Haustürgeschäften und Abschlüssen im Internet bereits gilt. Denn wenn Kunden die tatsächlichen Vertragsbedingungen realisierten, bereuten viele ihre Unterschrift und bei 24 Monaten Mindestlaufzeit könne der Abschluss teuer werden. Heinen-Esser versprach, die Einführung eines Widerrufsrecht auch im stationären Handel rechtlich zu prüfen und dann bei der bundesweiten Konferenz aller Verbraucherschutzminister einzubringen. Bisher gebe es eine „Schutzlücke“, sagte sie.

Bisher können im Laden abgeschlossene Verträge in den allermeisten Fällen nicht widerrufen werden. Es bleibe oft nur eine gerichtliche Anfechtung des Vertrages oder eine Klage auf Schadenersatz, wenn der unterschriebene Vertrag wesentlich teurer sei als gedacht, erklärte die Verbraucherzentrale.

Stichprobe der Verbraucherzentrale mit ernüchterndem Ergebniss

Seit einer Verordnung von Mitte 2017 müssen Shopbetreiber ihre Kunden vor dem Abschluss auf einem Produktinformationsblatt über die wichtigsten Rahmendaten des angebotenen Tarifs informieren. Dies unterbleibe noch viel zu oft, sagte eine Sprecherin der Verbraucherzentrale. Eine Stichprobe in den Beratungsstellen der Verbraucherzentrale habe ergeben, dass von 301 Telefongeschäften nur zwei das Informationsblatt von sich aus verteilt hätten. Neun von zehn Händlern hätten auch auf Nachfrage das Papier nicht rausgerückt.

Der Branchenverband der Telekommunikationsunternehmen VATM warb um Verständnis. „Unsere Mobilfunkanbieter erfüllen die Vorgaben der Transparenzverordnung, aber bei mehreren tausend stationären Shops und Partner-Shops deutschlandweit lässt sich leider nicht völlig ausschließen, dass es auch zu Versäumnissen kommt“, sagte VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner der Deutschen Presse-Agentur.

Die Produktinformationsblätter seien online jederzeit problemlos verfügbar, würden dort aber nur sehr wenig abgerufen. Aus Sicht der Verbraucherschützer reicht das Online-Angebot aber nicht aus. Die Info-Blätter zu den Tarifen müssten in den Läden gut sichtbar ausliegen oder den Kunden ausgehändigt werden.

Den Zorn der Verbraucher erregt regelmäßig auch die Tatsache, dass viele Anschlüsse die gebuchten Übertragungsgeschwindigkeiten in der Praxis bei weitem nicht einhalten. Nach einem an diesem Mittwoch veröffentlichten Bericht der Bundesnetzagentur in Bonn halten nur rund 12,8 Prozent der Festnetzanschlüsse die versprochene Maximalgeschwindigkeit ein oder übertreffen sie sogar. Im Mobilfunk sind die Abstände noch größer. Kunden kamen nur bei 16,1 Prozent der Messungen über die Hälfte der vereinbarten Maximalgeschwindigkeit. Gemessen wurden zwischen Oktober 2017 und Oktober 2018 rund 1,3 Millionen Anschlüsse.

Der VATM verwies auf die vielfach 100 Jahre alten Kupferkabel in Deutschland. Sie schränkten bei längeren Leitungen die Bandbreite dramatisch ein. Hinzu kämen in vielen Fällen veraltete Hardware und schlechte Verkabelungen im Haus, die die Unternehmen nicht beeinflussen könnten. „Wir setzen auf den Ausbau von Glasfaser bis ins Haus, da dann Bandbreiten oberhalb der Gigabitgrenze zuverlässig erreicht werden und nicht irgendwas abhängig von der trivialen Länge eines 100 Jahre alten Kupferdrahtes“, sagte Grützner.

(dpa)
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