Vermächtnis von Carl Fuhlrott Das Vermächtnis von Carl Fuhlrott wird fortgeführt

Das Stiftungsfest kann wegen der Pandemie und der Corona-Schutzauflagen nicht wie geplant gefeiert werden, und so hat der Verein nun in einer Jubiläumsausgabe seiner traditionsreichen Jahresberichte an die Gründungsgeschichte erinnert und exemplarische Beiträge von Experten veröffentlicht.

 Rainer Mönig, Vorsitzender des Naturwissenschaftlichen Vereins und Vogelkundler, hofft, dass bald wieder Exkursionen und Führungen für Vereinsmitglieder und Gäste möglich sein werden. 

Rainer Mönig, Vorsitzender des Naturwissenschaftlichen Vereins und Vogelkundler, hofft, dass bald wieder Exkursionen und Führungen für Vereinsmitglieder und Gäste möglich sein werden. 

Foto: Fries, Stefan (fri)

Vor 175 Jahren wurde auf Initiative von Carl Fuhlrott, Oberlehrer der damaligen höheren Bürgerschule an der Aue, der Naturwissenschaftliche Verein gegründet. Das Stiftungsfest kann wegen der Pandemie und der Corona-Schutzauflagen nicht wie geplant gefeiert werden, und so hat der Verein nun in einer Jubiläumsausgabe seiner traditionsreichen Jahresberichte an die Gründungsgeschichte erinnert und exemplarische Beiträge von Experten veröffentlicht.

Im März 1846 lud Carl Fuhlrottt Bürger aus  Elberfeld und Barmen, darunter Ärzte, Lehrer, Apotheker, Fabrikanten und Kaufleute,  in einem Rundbrief zur Gründung des naturwissenschaftlichen Vereins ein. Am 9. April 1846 fand in einer Gaststätte am Loh in Unterbarmen die Vereinsgründung statt. Carl Fuhlrott wurde zum Vorsitzenden ernannt, zehn Jahre bevor er Knochenfunde im Neandertal einem vorzeitlichen Menschen zuordnete  und mit dem Neandertaler Weltruhm erlangte.

„Es ist sehr bedauerlich, dass im Jubiläumsjahr noch keine Veranstaltungen möglich sind, und nun schon seit Monaten keine Exkursionen, Vorträge und Forschungsveranstaltungen mehr stattfinden können“, sagt der 1. Vorsitzende Rainer Mönig. Der Verein habe in den 175 Jahren seiner Existenz Höhen und Tiefen erfahren, aktuell sei er in seiner Existenz gefährdet, da alle gemeinsamen Aktivitäten weggefallen seien.

Die Zahl der Mitglieder
ist auf 185 gesunken

„Während der Verein zu seinen Blütezeiten in den 1980er und 1990er Jahren 400 Mitglieder zählte, ist die Zahl heute auf 185 gesunken. Das Hauptproblem ist die Überalterung“, so Geschäftsführer Wolf Stieglitz.

Dabei sind die Themen, die der Naturwissenschaftliche Verein behandelt, hochaktuell. „War in der Vergangenheit das Erstaunen eine Triebfeder des naturwissenschaftlichen Forschens, so ist es in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr der Ernüchterung, in einigen Sektionen sogar dem Entsetzen gewichen. So etwa bei Umweltgefahren oder Artenschwund - und das bei weitgehend ignoranter Politikverantwortlichkeit“, so Rainer Mönig.

In seine Kritik bezieht der Vorsitzende des Naturwissenschaftlichen Vereins die Lokalpolitiker der vergangenen Jahrzehnte ein, indem er an das traurige Schicksal des Carl-Fuhlrott-Museums und dessen einzigartiger Sammlung erinnert. Zu Beginn des Jahrtausends habe die Stadt Wuppertal ihr Interesse an dem Museum verloren und es schließlich 2008 per Ratsbeschluss abgewickelt. Die Sammlung habe der Verein danach geordnet an in Frage kommende Museen und Institutionen vermittelt.

In einem Grußwort zum 175-jährigen Bestehen würdigt Oberbürgermeister Uwe Schneidewind die Verdienste des Vereins und weist auf die aktuellen Aufgaben hin: „Seit der Schließung des Hauses an der Auer Schulstraße geht der Naturwissenschaftliche Verein neue Wege und kooperiert mit der Bergischen Universität, der Station Natur und Umwelt und dem Botanischen Garten. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf den Publikationen mit wissenschaftlicher Reputation.“

Vor 50 Jahren hat Hans Knübel in dem 26. Jahresbericht die Gründung des Naturwissenschaftlichen Vereins „als Stück geistiger Geschichte unserer Stadt“ beschrieben. 1844 war die erste Dampfmaschine in einem Betrieb in Barmen aufgestellt worden. Elberfeld zählte 47000 Einwohner, Barmen 35000 - mit 100 000 Einwohnern wies das heutige Stadtgebiet Wuppertals mehr Einwohner auf als Köln (80 000), die damals bei weitem größte Stadt Westdeutschlands.

„Freie, nicht auftragsgebundene Forschung haben unsere Mitglieder von Beginn an engagiert und kontinuierlich betrieben“, so Rainer Mönig. Unter Carl Fuhlrott bildete der Verein bereits folgende Sektionen: Mineralogie mit Geologie und Paläontologie; Botanik; Zoologie; Physik und Technologie sowie Chemie; Meteorologie. Die Sammlung von Mineralien und Fossilien machte bereits am Ende des ersten Jahres die Anschaffung eines Schranke nötig. „Man macht sich Gedanken über die spätere Einrichtung eines naturwissenschaftlichen Museums“, hieß es im ersten Jahresbericht, den Fuhlrott noch selbst verfasste.

Chronist Hans Knübel maß dem Verein große Bedeutung für die Entwicklung der Stadt zu: „In Elberfeld und Barmen lebt um 1846 eine Intelligenzschicht, die aus eigener Initiative mit der naturwissenschaftlichen Forschung beginnt. Die Wissenschaft vereint Elberfeld und Barmen. Der naturwissenschaftliche Verein hat Mitglieder in beiden Städten und erforscht beide Stadtgebiete.“

Im Band 66 der Jahresberichte sind nun unter anderem die Geburtshelferkröte, der Rotmilan, der Bachflohkrebs, der Seidenschwanz oder die Wasseramsel die Hauptfiguren. Heute ist der Verein in die Sektionen Botanik, Entomologie (Insektenkunde), Geographie, Geologie, Mikroskopie, Mykologie (Pilzkunde) und Ornithologie (Vogelkunde) sowie eine Jugendgruppe unterteilt. In Vorbereitung ist die Gründung einer limnologischen Sektion, die sich mit der Erforschung von Binnengewässern befasst. Und so sind die von Fuhlrott formulierten Vereinsziele bis heute hochaktuell: „Naturwissenschaftliche und landeskundliche Erkenntnisse zu vermitteln und sich für deren weitere Verbreitung einzusetzen sowie auf die Erhaltung der Landschaften, der Natur und des Naturhaushaltes hinzuwirken.“ Die Tür für neue und jüngere Mitglieder steht weit offen.

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