EM-Finale: Fiesta Espaniola in Wuppertal

Traumwetter und eine zunächst tolle Atmosphäre beim Public Viewing. Eines nur fehlte: der deutsche Siegestreffer.

Wuppertal. Im Café auf der Hardt sitzen um 18.30 Uhr, mehr als zwei Stunden vor Anpfiff des EM-Finales in Wien Ballack, Klose und Schweinsteiger vor der großen Leinwand und sehen SPD-Chef Beck zu, wie er Fußballerdeutsch zur Lage der SPD bemüht.

Die Trikots mit den deutschen Helden gehören allesamt Daniel Eichner, der noch viel mehr besitzt, am Sonntagabend aber Schwester und Vater einem EM-Finale angemessen ausgestattet hat.

"Das ist schon die dritte Station, die wir anlaufen. Am Wupperbeach und im Cinemaxx war alles voll. Hier ist die Atmosphäre sehr entspannt", freut sich Papa Roland Eichner.

Die Ruhe vor dem Sturm ist auch ein Glück für Lisa Gondolf und Sara Henn. Die beiden Studentinnen der Bergischen Universität halten schon seit 17.30 Uhr einen langen Tisch reserviert. Ihre Freunde sind noch nicht da, dafür türmen sich vor ihnen Klausur-Notizen für die Uni. "Wir nutzen die Zeit und lernen. Ob wir nun zu Hause büffeln oder hier, kommt auch nicht drauf an", sagt Lisa Gondolf und verspricht, die Aktenordner rechtzeitig zum Anpfiff wegzupacken.

Nur kurze Zeit später hat Miriam Wolter vor dem Barmer Brauhaus ihr Herz für Griechenland entdeckt. Die seien ja sowieso die Europameister der Herzen und eine griechische Fahne habe sie auch noch. Mit diesem klaren Bekenntnis zu den längst ausgeschiedenen Champions aus 2004 versucht sie den griechischen Türsteher vor dem Brauhaus für sich zu gewinnen.

Doch der lässt sich nicht beirren. Ins Brauhaus kommt nur, wer reserviert hat. Die lange Schlange vor dem Eingang will es nicht glauben, hofft dennoch auf ein Einsehen des entschlossenen Griechen an der Tür.

In die Menschenmenge vor dem Wupperbeach kommt unterdessen Bewegung. Stundenlang haben an der Stadthalle deutsche Fans ausgeharrt, um Public Viewing in Urlaubsatmosphäre zu genießen. Zu den jüngeren Besuchern gehört Jason Pecher (6). Er tippt auf einen 2:0-Sieg der Deutschen, während er auf Papas Schultern geduldig auf Einlass wartet.

Ein deutsch-spanisches Fußballfest wird unterdessen im Meson Alegria gefeiert (hier geht's zum WZ-Video von der spanischen Siegesfeier). Die Kräfteverhältnisse in dem spanischen Restaurant sind etwa gleich verteilt, Spanier vielleicht leicht in der Überzahl - nicht mitgerechnet Kirsten Borge Sanchez. Ihr Hosenanzug ist einem Fußballrasen nachempfunden, auf die rechte Wange hat sie sich die spanischen Farben aufgemalt, die linke zieren Schwarz, Rot und Gold. "In meiner Brust schlagen zwei Herzen. Ich bin Deutsche, habe spanische Kinder und einen spanischen Freund. Egal, wer heute Abend gewinnt - ich habe auf jeden Fall einen Grund zu feiern."

Den haben nach dem Halbzeitpfiff die Spanier. Der Jubel in dem Restaurant ist ohrenbetäubend, die Gläser klirren, Viva Espania-Rufe tönen durch den Raum. Die deutschen Gäste zollen respektvoll Applaus. "Sie sind gut, die Spanier - ohne Frage. Wir haben gerade einmal zehn Minuten überzeugt", sagt einer anerkennend.

Am Wupperbeach verlassen die erste Gäste unterdessen die Festmeile. Es werden nicht die letzten sein, die das Ende dieses Finales nicht bis zum Ende sehen wollen.

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