Stadtgeschichte Ein Knast wie aus Napoleons Zeiten

Gegenüber dem Landgericht stand bis Ende der 1990er Jahre das Gefängnis Bendahl. Nicht alle, die über die Wupper gingen, kamen zurück.

Stadtgeschichte: Ein Knast wie aus Napoleons Zeiten
Foto: Kurt Keil

Mitten zwischen Elberfeld und Barmen stand bis Ende der 90er Jahre das „Bad Bendahlo“. Kein Freibad, sondern der Spitzname für das Gefängnis Wuppertal-Bendahl, gegenüber dem Landgericht auf dem Eiland.

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Stadtgeschichte

Der langjährige WZ-Fotograf Kurt Keil hat das Gebäude, das schon lange nicht mehr steht, 1971 abgelichtet. „Das Foto habe ich vom Dach des Justizhochhauses gemacht“, erinnert er sich. Das steht ebenfalls nicht mehr. „Ich war mehrfach im Bendahler Gefängnis“, sagt er. Und schiebt scherzhaft hinterher: „Dienstlich“. „Ein sehr unangenehmes Gebäude. Ich war immer wieder froh, wenn ich aus dieser Anlage raus war. Irgendwie erinnerte mich der Knast schon fast an Napoleons Zeiten“.

Letztlich ist das gar nicht so weit weg von der Wahrheit. Die drei Hafthäuser wurden in den Jahren 1863/64, 1870/71 und 1878/79 errichtet — nach dem Bezug des Landgerichtsgebäudes im Jahre 1852.

Das war auch dringend nötig, denn bedingt durch das Wachstum der Stadt stieg auch die Kriminalität. Die bisherigen Plätze für die Gefangenen reichten einfach nicht mehr. Sie waren etwa in den Kerkern der Rathäuser oder im Turm der alten Laurentiuskirche untergebracht. Mit der Eröffnung des Landgerichts wurden zwar zwei Arresthäuser im alten Rathaus und der Stadtwaage eingerichtet — für jeweils 100 Personen — aber auch die sollten nicht lange reichen, so dass es zu den Neubauten kam.

Die Zustände dürften in der Tat nicht die besten gewesen sein - so ist auf der Internet-Seite der JVA Vohwinkel zu lesen, die dem Gefängnis Bendahl folgen sollte, dass „erst Ende der 60er Jahre das Kübelsystem durch eine moderne sanitäre Installation ersetzt“ wurde. Bei bis zu 650 Gefangenen, wie der Wikipedia-Eintrag behauptet, sicher kein angenehmer Zustand.

Die Lage der neuen Haftanlage war dafür gewissermaßen praktisch, weil die Nähe zum Gericht eine schnelle Übergabe möglich machte — auch für Todesurteile, die bis 1912 vollstreckt worden sind. Der Umstand wird für eine Deutung des Spruchs „über die Wupper gehen“ verantwortlich gemacht.

Abgesehen von der Berühmtheit durch dieses geflügelte Wort, kam Bendahl vor allem dadurch in die Öffentlichkeit, dass 1980 eine Flucht per Sprengsatz gelang. Fünf Männer konnten damals fliehen, als die Tore zum Innenhof aufgesprengt wurden — unter anderem der Italiener Arcangelo Maglio, genannt „Erzengel“. Draußen wartete Giorgio Basile, „Engelsgesicht“ genannt, in einem Alfa Romeo und fuhr ihn und zwei andere Häftlinge davon. Maglio saß damals wegen Schutzgelderpressung in Haft.

Sein Fluchthelfer Giorgio Basile entging später einer Haftstrafe, indem er als Kronzeuge aussagte, und lebt seitdem im Zeugenschutzprogramm. Seine Geschichte sollte mit Moritz Bleibtreu verfilmt werden — was aber nie umgesetzt wurde.

1980 wurde das Gefängnis übrigens geräumt. Alle Gefangenen wurden in die neue JVA Simonshöfchen verlegt — am Tag nach dem Ausbruch.

Seitdem standen die Gebäude leer - bis zum Abriss. Heute steht an dem Ort das Gebäude von Media Markt und dem Haus der Integration.

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