Kritik an Prüflingen Warum mehr als ein Drittel der Fahrschüler beim ersten Mal durchfällt

Düsseldorf · Mehr als ein Drittel der Fahrschüler braucht mehr als einen Anlauf, um die Prüfung zu bestehen. Experten sagen: Das hat mit komplexeren Verkehrssituationen zu tun. Das ist aber nicht der einzige Grund.

 Ein Führerschein und ein Autoschlüssel liegen auf einem Fahrzeugschein. (Symbolbild)

Ein Führerschein und ein Autoschlüssel liegen auf einem Fahrzeugschein. (Symbolbild)

Foto: dpa/Marius Becker

Über ein Drittel aller Fahrschüler braucht mehr als einen Anlauf, um die Fahrprüfung zu bestehen. Im vergangenen Jahr lag die Quote der nicht bestandenen Theorieprüfungen in NRW laut TÜV Rheinland bei 37,2 Prozent – und damit 2,4 Prozent höher als im Vorjahr. Der bundesweite Schnitt lag nach Angaben des Kraftfahrtbundesamts im Jahr 2018 bei 36,1 Prozent. In der praktischen Prüfung ist das Ergebnis besser: 2019 sind 28,2 Prozent der Fahrschüler in NRW durchgefallen, ein Jahr zuvor waren es noch zwei Prozent mehr. Bundesweit lag die Quote 2018 bei 29,4 Prozent.

Die Zahlen der durchgefallenen Prüflinge steigt bundesweit kontinuierlich. 2009 waren es noch 29,9 Prozent im theoretischen und 25,4 Prozent im praktischen Teil, die mehrere Anläufe benötigten.

Die Gründe für die hohe Durchfallquote sind vielschichtig. „Die Prüfung trennt die Spreu vom Weizen“, sagt Volker Freigang, stellvertretender Vorsitzender des Fahrlehrerverbands Nordrhein. Viele Schüler würden unvorbereitet in die Prüfungen gehen. „Man könnte die Zahlen senken, indem die Fahrschulen nur die Schüler zur Prüfung zulassen, die gezeigt haben, dass sie reif für die Prüfung sind“, sagt Freigang. Viele Fahrschüler sind laut Freigang nicht mit dem nötigen Ernst bei der Sache. „Die Theorie wird oft unterschätzt. Die Prüflinge beschäftigen sich nicht intensiv damit und gehen leichtgläubig heran“, so der Fahrlehrer. Ein weiterer Grund sei auch, dass das Auto nicht mehr den Stellenwert für Fahranfänger wie einst habe.

Dichter Verkehr mit impulsiven Fahrern

Zudem tragen äußere Faktoren zum Scheitern bei. „Der Verkehr hat in den letzten Jahren stark zugenommen“, sagt Freigang. „Dadurch gibt es viel mehr Situationen, die die Fahrschüler nur teilweise überblicken können und in denen sie spontane Reaktionen zeigen müssen.“ Freigang kritisiert die Autofahrer, die solche Situationen erzeugen würden: „Die Verkehrsmoral ist fast auf dem Tiefpunkt.“ Er geht davon aus, dass einige Verkehrsteilnehmer ganz ohne Führerschein unterwegs seien. Seiner Meinung nach sollten deshalb mehr Verkehrskontrollen stattfinden.

Der Fahrlehrerverbands-Vorsitzende bemängelt Impulsivität und zunehmend egoistische Einstellung von Autofahrern, die auf so manchen Fahrschüler abfärbe. „Jeder versucht sein Recht durchzusetzen und will überall Erster sein.“ Dabei heiße es im ersten Paragraph der Straßenverkehrsordnung: „Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.“

Unter den Durchgefallenen seien auch Prüflinge, die bereits einen Führerschein aus ihrem Heimatland besitzen, aber die hiesigen Regeln nicht kennen. „Learning by doing funktioniert dabei nicht.“, sagt Freigang. Für manche Fahrschulen sei es „eine lukrative Geschichte“ die Prüflinge zuzulassen, obwohl die nicht die nötigen Kenntnisse vorweisen können. Grund zur Sorge seien die schlechten Quoten aber nicht, sagt eine ADAC-Sprecherin. „Der Anteil nicht erfolgreicher Prüfungen ist ein Indiz dafür, dass die eingesetzten Testverfahren ohne gründliche Vorbereitung eine Hürde im Sinne der Verkehrssicherheit sind.“ Fahrschüler, die sich intensiv vorbereiteten, müssten keine Angst haben vor der Prüfung.

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